laut.de-Kritik
Instrumentales Kleinod für die Endlos-Repeat-Schleife.
Review von Alexander CordasEin paar Field Recordings, einen Flügel und zirka 15 verschiedene Tasteninstrumente aus der Zeit zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert: Aus diesen Zutaten bastelt Poppy Ackroyd ihr zweites Solo-Album zusammen. Dabei legt sie eine äußerst unkonventionelle Vorgehensweise an den Tag, wenn sie die Instrumente auf alle erdenklichen Arten bearbeitet.
Bürsten, zupfen, klopfen, streicheln, Aufnahmen von Pedal-Geräuschen oder davon, wie es sich anhört, wenn die Register beim Cembalo betätigt werden: All das bannt Poppy Ackroyd auf Tonträger. Um an die Geräusche zu kommen, musste sie zum Teil förmlich in das Instrument hineinkriechen, da manche Klangerzeuger gar nicht dafür ausgelegt sind, großen Krach zu machen.
Aus dem Sammelsurium an Sounds entsteht eine angenehm fließende Ode an den Schönklang. Im Gegensatz zum arg kurz geratenen Debüt rettet sich "Feathers" diesmal sogar über die 40-Minuten-Grenze. Dennoch hat man das Gefühl, dass die acht Kompositionen wie im Flug am Ohr vorbei ziehen.
Obwohl vom Genre-Bezug wohl kaum Berührungspunkte bestehen, liefert Ackryod Ambient-Musik im besten Wortsinne ab. Atmosphäre, klanglicher Rahmen und Flair ihrer Tracks umfangen den Hörer wohlig warm. "Feathers" führt den roten Faden von "Escapementm" konsequent fort.
In "Strata" lässt Poppy einzelne Piano-Töne tröpfeln, ehe im Hintergrund ein Stakkato-Rhythmus und ein sanftes Schnalzen die Tasten untermalt. So schichtet sie Klänge über Klänge und führt den Hörer sanft auf den Höhepunkt zu, ehe der Track leise endet. Dieses Strickmuster, die Songs langsam und behutsam aufzubauen, um sie im Abschluss ebenso sanft ausfaden zu lassen, zieht sich durch alle Nummern von "Feathers".
In "Timeless" dengelt zu Beginn eine alte Standuhr, ehe Pianoläufe mit perkussiven Elementen um die Wette tick-tocken. Hier schimmert am ehesten noch die Verwandtschaft zu Ludovico Einaudi durch, wenn Streicher-Sätze wie das Miauen eines Katzenchors zum Flügel und Geklöppel maunzen.
Es scheint fast so, als lege Poppy Ackroyd erst einen Songtitel fest und richte ihr Spiel sowie die eingesetzten Effekte an diesem Rahmen aus. Der Titeltrack schmiegt sich nämlich sanft wie eine Feder ans Ohr des Hörers, ohne zu kitzeln.
Störende Einwürfe, die den Fluss des Albums auch nur ansatzweise aus der Balance bringen, sucht man vergebens. Das dürfte auch der einzige Punkt sein, den man bemängeln kann: Es fehlt der eine oder andere tönende Widerhaken oder Stolperdraht, der das Album noch ein wenig faszinierender machen würde.
So steht mit "Feathers" ein ausgesprochen schönes Kleinod der instrumentalen Mucke auf der Habenseite, dem man äußerst gerne sein Ohr leiht. Und sei es nur, um es nebenher auf Endlos-Repeat laufen zu lassen.
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