laut.de-Biographie
Samon Kawamura
"Ich stehe nicht so auf Überlängen. Sicher gibt es Musik, die acht Minuten braucht, aber ich finde es besser, wenn man es auch in zwei Minuten sagen kann. Es ist wie bei einem Konzert: Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist." Von Aufhören kann im Jahr 2007 allerdings gar keine Rede sein. Nach Jahren der Arbeit im Hintergrund legt Samon Kawamura mit "Translations" sein Debüt-Album vor.
Der Musik verschrieben hat sich der Sohn einer Deutschen und eines Japaners schon lange. Eine Goldschmiedin als Mutter und ein Grafiker und Designer als Vater legen ihm die Kreativität in die Wiege. Samon erblickt das Licht der Welt 1973 in Heilbronn, siedelt aber bereits in seinem ersten Lebensjahr nach Tokio um.
Er wächst in Japan auf und wird dreisprachig erzogen. In Tokio besucht er die deutsche Schule, pflegt aber auch mit Kumpels von der nahegelegenen amerikanischen Penne regen Kontakt. Deutsche, japanische und amerikanische Lebensart verbinden sich: Möglicherweise ein Grund dafür, dass Schubladendenken gar nicht erst aufkommt.
Das spiegelt sich in Samons musikalischen Vorlieben: Im zarten Alter von elf Jahren traktiert er ein Schlagzeug. Als Mitglied verschiedener Schülerbands versucht er sich unter anderem an Stücken von Earth, Wind & Fire. Soul und Funk, Prince, Michael Jackson und Madonna haben es Samon gleichermaßen angetan.
Wenig später setzt aber auch der Hip Hop eine mächtige Duftmarke: Inspiriert von Ikonen wie A Tribe Called Quest, Public Enemy, Gang Starr oder De La Soul und geflasht von dem, was Turntablisten bei den DMC-Championships zu bieten haben, verfällt er der DJ-Kultur und dreht fortan bei unterschiedlichen Anlässen die Platten.
Die erste greifbar dokumentierte musikalische Spur hinterlässt Samon Kawamura 1993 mit einem Beitrag auf dem Sampler "Gold Compilation Vol. 1", der bei BMG Japan erscheint. Ein Jahr später zieht es ihn zurück nach Deutschland: Er erwirbt einen Sampler und findet in Berlin eine neue Heimat. Ein Studium der Japanologie liefert ein brauchbares Alibi: Tatsächlich kümmert sich Samon eher um seine Beats denn um Bücher.
Als DJ der Formation Be oder komplett auf sich allein gestellt tourt Samon Kawamura fast fünf Jahre lang durch Clubs und über Festivals quer durch Europa. Er arbeitet als Songwriter, Produzent und Turntablist mit Mousse T., Lychee Lassi und zahlreichen anderen und teilt sich die Bühnen mit Blur, Run DMC, den Köchen der Jazzkantine, Rage Against The Machine oder Gurus Jazzmatazz.
2000 trifft er auf den Jazztrompeter Till Brönner, der gerade dabei ist, an seinem achten Studioalbum zu feilen. Gemeinsam stürzen sie sich in die Arbeit an "Blue Eyed Soul". Die Verbindung scheint perfekt: "Sobald Jazz-Gedudel aufkam, hat Samon die Augen verdreht", erinnert sich Brönner im Interview mit jazzecho.de. "Wenn er mit 'korrektem Hip Hop' um die Ecke kam, habe ich die Jazzchords ausgepackt."
Das Resultat spricht für sich: "Der Mix aus R'n'B, Hip Hop, Soul, Blues und Jazz funktioniert auf Anhieb und gehört definitiv zum Besten, was aus diesem an sich unspektakulären Stilmix in den letzten Jahren meine nimmersatten Ohren erreichte", freut sich die begeisterte Kritik.
Der Erfolg mit "Blue Eyed Soul" beschert Samon Kawamura weitere Auftritte in Europa und darüber hinaus bis zurück nach Japan - was ein Arbeitstier keineswegs von weiteren Unternehmungen abhält. Samon steigt bei Marsmobil, dem Elektropop-Projekt des Jazzers Roberto Di Gioia, ein, produziert Remixe für Tracks aus Joy Denalanes Album "Born & Raised" und arbeitet enger und enger mit Max Herre zusammen.
Die logische Folge: Samon Kawamura kommt bei Herres Label Nesola unter. Neben genannten musikalischen Umtrieben und nicht zu unterschätzendem Einsatz als Familienvater und Hausmann zwackt er noch Zeit ab, um an eigenem Material zu schrauben. Aus dem ursprünglichen Vorhaben, lediglich Interludes zu produzieren, gehen im Laufe dreier Jahre um die 180 Stücke hervor. Zu Beats und Samples gesellen sich von Di Gioia beigesteuerte Rhodes- und Bassspuren.
Samon Kawamuras Debüt "Translations" erscheint Ende Mai 2007 und präsentiert in 21 ausgewählten Tracks den groovenden Beweis, dass Instrumental-Hip Hop nicht zwingend eine langweilige Angelegenheit sein muss. "Es ist auf jeden Fall etwas, das man ernst nehmen kann - meine erste Visitenkarte", so die bescheidene Selbsteinschätzung Kawamuras. Visitenkarte? Eher ein Generalschlüssel, der Tür und Tor öffnet, zu den Gehörgängen aufgeschlossener Heads. Es soll nicht das letzte musikalische Lebenszeichen bleiben.
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