laut.de-Kritik
Erdig, mitreißend, leichtfüßig und tonnenschwer.
Review von Markus BrandstetterHol' die Zigarrenboxgitarre raus, steck das Slide auf den Finger, das Leben kann so einfach sein. Seasick Steve, diese Ausnahmeerscheinung, dieser alte, wahnsinnig coole Geschichtenerzähler, der erst in späten Jahren zu Ruhm fand, ist immer on point. Keine Attitüde, kein Bullshit, dafür Blues, mal modern, mit ordentlich Fuzz und im Fahrwasser dessen, was Herrschaften wie Dan Auerbach und Jack White auch bei den Jungen und in den Charts populär machten, mal anachronistisch.
Passend zur allmählich anrückenden kalten Jahreszeit beginnt Seasick Steve gleich mit dem nonchalanten angezerrten Slide-Stück "Hate Da Winter". Top gespielte Gitarre, stoischer Schlagzeugbeat, viel mehr braucht's nicht, um zu überzeugen. "Next to my beach bunny I'll be a beach man", schwadroniert Steve von der warmen Jahreszeit – und resümiert: "I hate da winter, that's all I got to say". Point taken, musikalisch wie lyrisch.
Nach so viel Fuzzgitarre greift der Mann bei "Sun On My Face" zur Akustikgitarre und bringt einen wunderbaren Schwerenöter-Blues. Auch hier ist der bedrohlich nahe Winter das Hauptthema: "Won't you shine, little sun on my face", singt er, dazu lamentiert eine Mundharmonika. Dann hat Steve wieder Bock auf Bluesstampfer, tritt aufs Verzerrerpedal und singt über's eigene Alter, immerhin auch schon weit über die 70, traut man seiner Biographie. "I am an old man, but feel like a young man / I wish I knew then, what I know now", sinniert er.
Das groovt wirklich ganz herrlich – und wechselt sich dann einmal mehr mit einem Akustikgitarrenstück ab, "Last Rodeo", eine Country-Ballade, die sich mit der eigenen Vergänglichkeit beschäftigt: "When the last cowboy rides the last rodeo / I hope I will be long gone, cause I don't wanna know / what a world that will be".
In "Chewin' On Da Blues" nimmt Seasick das Tempo ganz raus, alles ist fieberhaft, schleppt sich. Es ist von der Atmosphäre her ein Ausreißerstück, genau wie kurz darauf "Lay", neben kontemporären Fuzz-Blues und Akustikstücken der dritte Pol der Platte.
Sein neues Album ist erdig, mitreißend, gleichzeitig leichtfüßig und tonnenschwer. Seasick Steve gelingt es, einen wunderbaren Querschnitt dessen zu liefern, wofür sein Schaffen die letzten Jahre bejubelt wurde. "I am a stranger in your town", singt Steve am Ende, der spärliche Beat treibt, die Gitarren triumphieren verzerrt bei der Hook. Gute Platte, super Typ.
2 Kommentare
cool, groovig, aber immer recht einfache Songs.
Schön dass das hier Platz bekommt!