laut.de-Kritik
Klasse Reggae-Tunes für Offbeat-Fans.
Review von Simon Langemann"Deutscher Reggae erlebt im Moment eine Schlappe", konstatierte Sebastian Sturm vor knapp zwei Jahren im laut.de-Interview, und daran hat sich seither kaum etwas geändert. Und so stellte seine angekündigte vierte Platte "A Grand Day Out" durchaus einen Release dar, auf den man sich als Offbeat-Fan seit Monaten freute.
Der optimistische Albumtitel verweist auf ein Lebensgefühl, das die Platte nicht zuletzt dank Sturms merklich zusammengwachsenen Backing-Band einfängt. Bestenfalls hat man beim Genuss von "A Grand Day Out" im Kopfkino stets die Exile Airline vor Augen, wie man sie aus den Musik- und Live-Videos kennt: Strahlend, schwelgend und voller Spielfreude.
Die jamaikanischen Produzenten Sam Clayton Jr. und Stephen Stewart (Bob Marley, Stevie Wonder, Toots & The Maytals) fügten dabei zusammen, was zusammengehört, und lehnten die Platte an den Roots-Sound der Siebziger an. Möglicherweise spornten sie den Sänger auch zur Feinarbeit an seiner Stimme an, die diesmal weniger kratzig, dafür voluminöser klingt.
Kein Wunder jedenfalls, dass "A Grand Day Out" mal wieder mit einer Fülle an gelungenen Reggae-Tunes aufwartet. Allen voran der Titeltrack, der eine der besten Hookmelodien aus Sturms bisherigem Schaffen bereithält. Als i-Tüpfelchen fungiert ein Gitarrensolo sowie eine Ausflug in Richtung Dub.
Dem erdigen Downtempo-Stück "Don't Learn" steht die Rocksteady-Überraschung "Hard To Carry On" gegenüber. Und während der Opener "Right To Remain Silent" mit Groundation-Frontmann Harrison Stafford von politischem Widerstand handelt, schlägt "Relight" typisch motivierende Töne an: "Break out, break out / get rid of these chains you wear."
Auch "More Music" mit Jolly Boys-Legende Albert Minott strotzt vor guten Vibes, wobei die Inspiration/Nation/Education-Reime im Refrain leider arg Reggae-stereotypisch daherkommen. "'Peace, Love and Unity': An diesen drei Begriffen halte ich einfach fest und werde nicht müde, immer wieder davon zu singen. Ich glaube, mit ein bisschen mehr Respekt und Zwischenmenschlichkeit würde alles besser laufen." Wer will den sympathischen Songwriter schon von derartigen Gedanken abbringen?
Dennoch: Am besten gefällt Sebastian Sturm, wenn er sich der herbstlichen Melancholie hingibt. So etwa in der Roots-Ballade "One Step Onto The Train", die zwischen Abschiedsschmerz und Fernweh pendelt. "I'm so sick of hangin' out / in the same place for years. / Altough this is my hometown / I only stand it after 15 beers."
Mit dem zarten Liebeslied "I'm Your Man" gelingt ein weiteres Highlight. Der Eindruck drängt sich auf: Hätte man sich stilistisch öfter derart aus dem Fenster gelehnt, wäre noch etwas mehr drin gewesen. Der organische Sound müsste dabei, wie die bezaubernde Acoustic-Soul-Nummer eindrucksvoll beweist, ja nicht mal verloren gehen.
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