laut.de-Kritik
Durchgestylte Elektro-Pop-Collagen, porentief rein.
Review von Michael SchuhTausende Wassermoleküle prallen von einem silbernen Metallgebilde ab und genau im Moment des Zerstäubens drückt der Fotograf auf den Auslöser. Kälte und Frische vermittelt das dynamische Coverfoto und führt uns damit direkt zur Musik auf Sonos Debutalbum. Von Popmusik der Zukunft wird da im Vorfeld geredet und das Label hat für das Hamburger Trio die Wortkreation "Advanced Pop" bei der Hand.
Richtig ist, Sono entwerfen reduzierte, durchgestylte Elektro-Pop-Collagen, die gut in die Bang & Olufsen-Stereoanlagen designbewusster Junggesellen passen würden. Das Sound-Spektrum auf "Solid State" ist nämlich so kristallklar wie deren Glastischplatte und erinnert in seinem durchdachten Purismus ein ums andere Mal an die Saubermänner von Kraftwerk. Der porentiefen Beat-Reinheit steht Lennart Salomons weiche Stimme entgegen, die den Songs einen eigenständigen Charme verleiht.
Die house-poppige Vorab-Single "2000 Guns" gehört nicht zu den Album-Highlights. Höhere Tanzbereitschaft entfalten die mit Minimal Techno-Beats angereicherten "Keep Control" und vor allem "Blame" in ihrem montonen Zwei-Akkord-Grundgerüst und Salomons abgehackten Vocals. Unerwartet funky gerät das relaxte "Breaking The Bridges", in dem am Ende gar eine E-Gitarre auf den pluckernden Elektro-Beats tanzen darf.
"Since You're Gone" und "So Restless" kombinieren die Stärken der Newcomer vielleicht am gelungensten: unaufgeregte und bei letzterem Track knochentrockene Beats treffen auf breite Synthieflächen und unwiderstehliche Gesangslinien. Narcotic Ambient Pop, um eine neue Schublade aufzuziehen. Mit der schwülstigen Ballade "Red Sky" begeben sich Sono dann auf dünnes Eis, das ihnen prompt unter den Füßen wegschmilzt.
Völlig unpeinlich dagegen ihr Versuch, in "Movin' On" plötzlich Gitarren und Stimm-Verzerrer auf Anschlag zu drehen. In "Still The Drug" wird nochmal Faithless' Sprechgesang gehuldigt, bevor sich Sono mit "Wherever You Go" melancholisch und mit Sängerin verabschieden. Nach Jahren der Stagnation im Synthie Pop-Bereich scheint es, als könnten Sono diesem mit "Solid State" einen gehörigen Tritt in den Arsch verpassen. Und das wurde wirklich Zeit.
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