laut.de-Kritik
Smooth wie eh und je, Frickelpop der Marke Stereolab
Review von Michael SchuhBei mir ist das so: Wenn sich die Tanzfläche leert und DJ's umständlich mit Vinylkoffern hantieren, wenn die Nacht also von offizieller Seite für beendet erklärt wird, dann hoffe ich stets instinktiv auf die Rettung des Abends. Ich will nun allerdings auf etwas ganz spezielles hinaus und meine deshalb nicht die 24-Stunden-Tanke oder das letzte KSC-Spiel auf Video (grosser Gott, nein!), ich meine eine überaus intelligente Institution: den Chill-Out-Room.
An Abenden, an denen ich in solchen Räumen auftauche, hege ich zwar selten noch Wünsche, aber wenn's sein muss, bitte Thievery Corporation oder Air. Oder - wer hätt's gedacht - Stereolab. Smooth muss es sein und Stereolab sind es seit jeher. Kritiker verurteilen die Band gerne mit dem Argument, jeder Song, ja jedes Album klinge wie der Vorgänger. Im Fan-Jargon heisst das: Toll, Stereolab erkennt man sofort. Beiden Meinungen ist nicht zu widersprechen.
Das neue Album beginnt hektisch jazzy mit Bläsersatz, doch nach und nach setzt der vertraute Stereolab-Effekt ein: close your eyes and you will feel. Die Songs schmiegen sich einem zärtlich an, generieren nicht selten abstruse Gedankenkonstrukte und gefallen einfach. "People do it all the time" ist einer ihrer perfektesten Popsongs, "Blips drips and strips" durchquert vor Erreichen der Ohrmuschel ein Aquarium und "Caleidoscopic gaze" gerät derart süß, daß ich mir Gedanken um die Diabetiker-Fraktion unter den LAUT-Lesern mache. Alles wie gewohnt repetitiv, atmosphärisch und meditativ eigentlich auch. Sowas will ich hören, wenn der Kreislauf nach Erholung lechzt und wenn Laetitia Sadier dann noch auf französisch singt, befinden sich meine Glückshormone siedend im Optimum. Nur: Die radikale Kehrtwendung zu neuen musikalischen Ufern wird hier nicht vollzogen.
"Cobra and phases..." ist einfach eine neue Stereolab-Platte, die zehnte. Sie ist gut, empfehlenswert, berechenbar. Sie ist gediegen, hat Charme und die "licence to chill".
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