laut.de-Kritik
Hypnotisiert sitzt man da und lächelt beim Zuhören irre vor sich hin ...
Review von Jasmin LützMit Trompeten und Chorgesang klingt der Opener "Goodbye To Old Friends" für Tindersticks-Sänger Stuart A. Staples fast schon euphorisch. Eine bedrückende Freude strahlt der Sänger der englischen Wohligkeit auch auf seinem zweiten Alleingang aus. Dabei trifft vor allem seine Stimme mir immer wieder respektvoll ins Herz.
Da braucht es sogar keinerlei Instrumente oder nur einen Hauch von Akustikgitarre, wie man bewusstlos in "Dance With An Old Man" erlebt. Zehn Hymnen erzählen hier über das schmerzliche Auseinandergehen im Leben. Die Abschiedsblicke tun oft weh und versetzen einen kurzen Messerstich in der Brustgegend. Staples schafft es jedoch, die Melancholie ins Sonnenlicht zu rücken. Hypnotisiert sitzt man da, hört immer wieder die verlassenen Songs und lächelt dabei irre vor sich hin. "Hoffnung ist das Licht der Welt", sang schon einst der gute Rio Reiser, und Staples findet in jedem Schmerz tröstende Worte. Die Magie des Popsongs tönt durch sein gesamtes Werk und verliert sich dabei in der heroinverrauchten Stimme.
Vor so manchen Duettkonstellationen darf man sich fürchten, nicht aber bei Mr. Staples. Ihm gelingt es immer wieder, eine passende Gesangspartnerin zu finden: "This Road Is Long" mit Maria McKee oder vor allem "That Leaving Feeling", hier duelliert er sich gefühlvoll mit der Franko-Kanadierin Lhasa de Sela, deren Stimmgewalt bereits auf dem letzten Tindersticks-Album "Waiting For The Moon" für Glücksmomente sorgte.
Die Aufnahmen entstanden diesmal nicht wie beim Solodebüt im eigenen Studio, sondern im Beach House von Mark Nevers. Kein Wunder also, dass ein Hauch Nashville durchs Album weht und nach Lambchop, Calexico und Bonnie 'Prince' Billy duftet. Im Country-lässigen Schritt schreitet Staples mit einem fantastischen Ensemble durch "This Old Town". Darunter altbekannte Musiker; Gitarrist Neil Fraser oder Schlagzeuger Thomas Belhom. Die Piano-Leichtigkeit von Dave Boulter endet sanft im orchestralen Ozean der winzigen Tränen.
2 Kommentare, davon einer auf Unterseiten
das ist ja alles gut und richtig; nach mehrmaligem Hören fällt aber doch auf, daß es der Komponist Staples versäumt hat, bei den meisten Liedern eine Brücke einzufügen (Absicht oder Unvermögen?). Die Spannung wird also hauptsächlich durch stimmungsvolle Gesangsparts und die Streicher- und Bläserkaskaden erzeugt; vielleicht auch im Liedtext, was ich nicht so beurteilen kann.
Trotzdem ist diese Staplesplatte immer noch besser als gar keine Tindersticksplatte - sie bietet auch einen Vorgeschmack auf die zwei Jahre später erschienene "the hungry saw" der Tindersticks, die (bis auf den Bassisten) von denselben Personen wie das Solowerk eingespielt wurde.