laut.de-Kritik

Die grottige Vertonung macht das Zuhören zur Qual.

Review von

Knapp zwei Jahre nach "Eigentlich Wollte Ich Klein Aber Dann Kam Gross" wirft das Label Rummelplatzmusik mit "Musik Für Menschen Mit Oder Ohne Penis" die zweite Platte der selbstbetitelten "Pseudo-Avantgarde-Brachial-Schlager-Truppe" Supergaul auf den Markt. Mit 17 Titeln, die Namen wie "Das Pro Atomkraft Lied" oder "Die Katze Von Hartmut Engler" tragen, füllen Bier Wolfmann und Axel H. begleitet von Uschis Gesang ihre jüngste Ausgeburt.

Vorneweg: Musikalisch führt der Weg wieder komplett und ohne Umschweife in die Tonne. Billo-Elektro-Beats aus den 80ern, Autoscooter-Mucke, Ballermann-Schlager und ein bisschen Klavier für die langsamen Momente. Alles klingt wie eine trashige Kopie diverser Hits aus dem Privatradio und das soll so sein. Neu erfunden wird in der Branche ja sowieso nichts mehr. Diese Meinung vertritt zumindest auch "Das Letzte Mögliche Lied": "Dieses Lied ist das letzte mögliche Lied / Ganz egal, was irgendwer jetzt noch schreibt, es ist nicht mehr innovativ".

Supergaul verfolgen, verrät der Pressetext, ein Konzept von "Brüllkomik und subtiler Gesellschaftssatire". Und die lässt sich nun Mal bestens auf populärer Musik aufbauen. Um das zu unterstreichen, dichten Supergaul die eine oder andere Textzeile um. Beim allgemeinen Lieblingsopfer Cro braucht es zum Beispiel gar nicht viel Satire, um ihn ins Lächerliche zu ziehen: "Du Baby, mach dir nie mehr Sorgen um Geld/ Gib mir nur deine Hand, wir unterwerfen die Welt" ("Bück Dich Und Nenn Mich Jochen").

Das Problem an dem Ganzen ist: Bei Supergauls grottiger Vertonung grenzt es an die reinste Qual, sich durch das Album zu hören und auf textliche Raffinesse zu achten, zumal die stellenweise dünn gesät ist. Wie das Debüt kann auch "Musik Für Menschen Mit Oder Ohne Penis" trotz aller Bemühungen nicht schocken. Stattdessen rufen die Drei ein ganzes Repertoire an Kicher-Geschlechtsteil-/Sex-Witzen ab, "Und immer wenn du denkst, du hast alles gesehen, dann zeigt dir Wolfmann seinen Penis" ("Intro/Der Einzig Anerkannte Grund Für Selbstmord"), und werden nicht müde einen geschmacklosen Fukushima-, Tschernobyl- oder Attentat-Vergleich nach dem anderen zu ziehen.

Die politischen Sticheleien sind selten treffsicher, Ausnahme ist der "Guantanamo Fun Hit". Als Malle-Hit mit Animateur-Sequenzen verpackt führt der Song zynisch die Missstände vor: "Ausschlafen – Nein – Maul halten – Ja – Glauben, was man will – Nein – Machen, was man sagt – Ja". Auch die Watschen, die sie gegen Popkultur, Frauen-/Männerbilder, gesellschaftliche Prioritäten aka "Krieg Und Was Zu Bumsen" oder zeitgenössischen Lifestyle, "Wer an Bubble Tea erstickt, hat den Tod verdient / Wer Igel auf der Autobahn retten will, auch" ("Sterben Sie Bitte Mit Niveau"), verteilen, sitzen.

Gute Satire zeichnet sich aber durch Feinsinn aus und dafür ist Supergaul zu plump. Der musikalische Müll gepaart mit zu vielen platten Haudrauf-Witzen verdirbt einem den Spaß an den gelungenen Tiefschlägen, sodass das erste Durchlesen der Tracklist für die größte Belustigung sorgt.

Trackliste

  1. 1. Intro/Der Einzig Anerkannte Grund Für Selbstmord
  2. 2. Der Perfekte Tag
  3. 3. Sari Erzählt Ihren Traum
  4. 4. Geschichten Über Katzen Und Träume
  5. 5. Bück Dich Und Nenn Mich Jochen
  6. 6. Der Guantanamo Fun Hit
  7. 7. Haaasi, Ich Schenk Dir Die Freiheit
  8. 8. Das Pro Atomkraft Lied
  9. 9. Ich Zeig Dir Den Weg Nach AV
  10. 10. Kultur Kontrovers Mit Hajo Schirmberg 2 (Skit)
  11. 11. Krieg Und Was Zu Bumsen
  12. 12. Inkunabel Paradeiser
  13. 13. Die Katze Von Hartmut Engler
  14. 14. Es Gibt Immer Viele Dinge Zu Tun
  15. 15. Spermaregenbogen
  16. 16. Sterben Sie Bitte Mit Niveau
  17. 17. Das Letzte Mögliche Lied

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3 Kommentare mit 9 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    Also für mich ist das das witzigste und cleverste, was der deutsche Humor zur Zeit zu bieten. Natürlich ist es unsubtil und kommt mit der Keule - aber diese Art hintergründigen Dada Humor nur auf die Pimmelwitze (die zweifelsohne da sind) reduzieren zu wollen, zeigt schlicht, dass die Reviewerin dieses Album nicht verstanden hat. Solche Alben sollte man vielleicht mal Leute mit Humor besprechen lassen

  • Vor 9 Jahren

    ...Noch ein Nachtrag um zu zeigen, wie wenig diese Band hier verstanden wird. In eurem Portrait schreibt ihr, dass einer der Gäule "Bier Wolfram" heißt - das ist natürlich grottenfalsch! Er heißt natürlich "Bier Wolfmann" - in Anlehnung an den ewig jammernden "Wolf Biermann".
    Nicht mal den offensichtlichsten Gag habt ihr verstanden - wie soll das dann erst mit einem ganzen Album funktionieren?

    • Vor 9 Jahren

      Gott sei Dank blickst du ja auch, dass hier alle die gleiche Meinung vertreten und alle Texte von ein und derselben Person verfasst werden. Ein Fehler wie Bier Wolfram ist ärgerlich und danke für den Hinweis. Aber dann gleich den Rundumschlag ausführen? Nun ja ...

    • Vor 9 Jahren

      nun ja - es sind dann schon 2, die das nicht verstanden haben. Das ist immerhin schon eine beachtliche Quote von Witzen-Nicht-Verstehern für eine Band, die ganz offensichtlich mit satirischen Mitteln arbeitet. Es ist mir übrigens schon klar, dass nicht alle bei laut.de humorresistent sind. Aber mir scheint es, dass man speziell bei einer satirischen Platte, auch mal etwas genauer hinhören sollte

    • Vor 9 Jahren

      Dieser Kommentar wurde vor 9 Jahren durch den Autor entfernt.

    • Vor 9 Jahren

      Ich fasse zusammen: Alle bei laut.de verstehen offenbar den tiefgründigen Humor nicht. Kann es nicht vielleicht sein, dass sie einfach nicht lustig sind?

    • Vor 9 Jahren

      wenn du schon zusammen fassen willst, solltest du genauer lesen

    • Vor 9 Jahren

      Naja, alle die es nicht witzig finden, sind deiner Meinung nach humorresistent. Anders herum kann es gar nicht sein.

    • Vor 9 Jahren

      uiuiui - immer noch nicht nachgelesen - Okay: Hier das relevantes Aussagezitat "Aber mir scheint es, dass man speziell bei einer satirischen Platte, auch mal etwas genauer hinhören sollte" - da findet ja keinerlei angemessene Auseinandersetzung mit dem Herzen der Platte statt, nämlich mit den Texten, statt. Ein Cro-Zitat wird angegeben, all die Kreislerzitate, die Nietzscheverweise, die Falco-und-Popkultur-Mashups, die politischen-parodistischen Aussagen wurden schlicht nicht verstanden. Das ist es, was ich sage...

    • Vor 9 Jahren

      Dieser Kommentar wurde vor 9 Jahren durch den Autor entfernt.

    • Vor 9 Jahren

      Dieser Kommentar wurde vor 9 Jahren durch den Autor entfernt.

  • Vor 9 Jahren

    wenn schon dadaistische brachialkomik, dann hgich.t. wobei die auch ihren zenit hinter sich haben.