laut.de-Kritik

40 Jahre Tankard: Weit mehr als Alcoholic-Metal.

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Deutschlands Vorzeige-Thrashbands werden alt: Neben Kreator, Destruction und Sodom feiern in diesem Jahr auch Tankard ihr 40-jähriges Karrierejahr. Bei den trinkfesten Frankfurtern stand der Spaß immer ein bisschen mehr im Vordergrund als bei den anderen Teutonic-Four-Vertretern. Wegen ihres Sauf-Images wurden die sympathischen Hessen gern unterschätzt, dabei geht es bei ihnen um weit mehr als um Bier, Party und Kopfschmerzen. "Klar, Tankard werden oft auf Bier reduziert, obwohl wir seit der zweiten Platte ernste Texte haben, nur hat das kaum jemanden interessiert", sagt Sänger Andreas 'Gerre' Geremia im Interview mit laut.de.

Nicht nur textlich zeigten sich Tankard flexibel, sondern überzeugten über die Jahre auch mit anspruchsvollem Thrash mit klarem Wiedererkennungswert. Nachzuhören ist dies nun in komprimierter Form im extra zum Wiegenfest erschienenen Deluxe Boxset "For A Thounsand Beers", das die sieben über Noise Records erschienenen Alben von "Zombie Attack" (1986) bis "The Tankard" (1995) umfasst. Außerdem liegen der in Dosenbiertpalettenoptik gestalteten Box noch die "Alien" EP und die Tankwart-Veröffentlichung "Aufgetankt" bei.

Die Vinyls kommen alle in Splatter-Pressungen mit dem Original-Cover. Textblätter fehlen zwar, dafür sind auf jeder Innenhülle interessante Interviews mit Gerre über die jeweilige Platte und zusätzliche Fotos aus der Zeit gedruckt. Obendrein gibt es noch ein 40-seitiges Büchlein mit coolen Oldschool-Fotos, die zu einer kleinen Tankard-Zeitreise einladen. Auf Live-Bilder müssen die Fans auch nicht verzichten. Neben der "Fat, Ugly And Live"-DVD gibt es noch die "Open All Night"-VHS-Mitschnitte des geschichtsträchtigen Konzerts vom März 1990 in Ostberlin sowie unveröffentlichte Bilder des ersten Tankard-Gigs im Ausland. 1987 spielten die Frankfurter beim Dynamo Open Air in Eindhoven. Der Sound und die Bilder besitzen zwar nur Bootleg-Qualität, Spaß macht das Schauen dennoch – allein schon wegen der vielen Stagediver.

Los legen Tankard als Schülerband unter dem Namen Avenger im Jahr 1982. Danach entstehen die Demo-Tapes von "Heavy Metal Vanguard" und "Alcoholic Metal", die den Grundstock des ersten Albums "Zombie Attack" (1986) legen. Auf ihrem Debüt geht es noch hauptsächlich über den Geist des Alkohols und seine Begleiterscheinungen. Spieltechnisch noch nicht auf dem höchsten Niveau, besitzt die Scheibe Punk-Attitüde, raue Energie und bietet chaotischen Spaß. Außerdem darf der Song "Empty Tankard" auf keinem Gig fehlen. Der Nachfolger "Chemical Invasion" (1987) zeigt die Band weit vorangeschritten. Zehn Kracher fliegen dem Hörer hier um die Ohren. Schon das Intro, mit geöffneter Bierpulle und folgendem Rülpser, gibt die Richtung vor. Neben Trinkspaß und Gerstensaft kritisieren Songs wie "Traitor" oder "Don’t Panic" die Missstände der Welt. Zum ersten Mal ziert ein Bild des Malers Sebastian Krüger die Plattenhülle der Frankfurter. Seine ikonischen Werke werden noch bis zum "Two-Faced"-Album die Tankard-Cover veredeln.

"The Morning After" (1988) zieht den Härtegrad noch ein wenig an und zementiert das mittlerweile erstklassige Standing der Bierkrügler. Wie schon auf dem Vorgänger servieren Gerre und Co. auf dem Drittwerk ein Coverstück: "Try Again" von der Kaiserslauterer Punk/Hardcoreband Spermbirds, deren Shirts Gerre gerne trägt. Die ein Jahr später erscheinende "Alien"-EP mit dem fantastischen Krüger-Artwork liegt der LP in der Box bei. Mit dem Nachfolger "The Meaning Of Life" (1990) steigen Tankard gar auf Nummer 57 der Album-Charts ein und halten sich dort sieben Wochen lang. Chapeau für eine Thrashband! Neben den üblichen Thrashgranaten sorgen etwas gemäßigte Stücke wie "We Are Us" und "Always Them…" für Abwechslung. "Fat, Ugly & Live" (1991) bringt die Livequalitäten der Band bestens auf den Punkt. Auf "Stone Cold Sober" (1992) bleiben sich die Hessen trotz der einbrechenden Grungewelle treu und zelebrieren ihre geballte Power, ohne sich im Kreis zu drehen. Neben dem Hit "Freibier" gibt's das überlange Instrumentalstück mit dem ultralangen Titel "Of Strange People Talking Under Arabien Skies". Auch wenn Tankard musikalisch nicht ganz mit Kreator oder Destruction mithalten können – die besten deutschen Albumcover haben sie nicht erst seit "Stone Cold Sober" auf jeden Fall.

Das setzt sich mit "Two-Faced" (1993) fort. Gründungsmitglied und Gitarrist Axel Katzmann gibt sich auf diesem Album zum letzten Mal die Ehre. Der Scheibe merkt man an, dass auch Tankard die Inspirationen langsam ausgehen. Die 1990er Jahre sind für Metal und insbesondere Thrash-Metal eine schwere Zeit. Die Straßenjungs-Coverversion von "Ich brauch’ meinen Suff" hübscht das Langeisen etwas auf. "The Tankard" (1995), das letzte Album der Noise-Ära, überzeugt ebenfalls nur temporär. Tankard versuchen sich von ihrem Sauf-Image zu lösen und etwas melodischer zu agieren. Das macht sich vor allem beim Gesang bemerkbar. Und selbst das Cover taugt dieses Mal nicht – kein Wunder: Haus- und Hofzeichner Krüger ist nicht mehr mit dabei. Auch wenn den Eintracht-, Bier- und Äbbelwoi-Liebhabern auf den letzten beiden Alben etwas die Luft ausgeht, haben sich Tankard ihren Platz unter den Teutonic Four redlich verdient. Und das edle Boxset ist für Neueinsteiger wie alte Fans durchaus seinen Kauf wert. Prosit!

Trackliste

  1. 1. Zombie Attack (1986)
  2. 2. Chemical Invasion (1987)
  3. 3. The Morning After (Including Alien EP) (1988)
  4. 4. The Meaning Of Life (1990)
  5. 5. Stone Cold Sober (1992)
  6. 6. Two-Faced (1994)
  7. 7. The Tankard (Including Tankwart EP) (1995)
  8. 8. DVD: Fat, Ugly & Live Containing 'Open All Night - Live In East Berlin' plus a previously unreleased video concert from Eindhoven '87 and an audio concert from Frankfurt '87

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LAUT.DE-PORTRÄT Tankard

Wie meinte einer mal so treffend: "So lange in Deutschland noch Bier gebraut wird, so lange werden wir Tankard auch nicht los." Scheint was Wahres dran …

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