laut.de-Biographie
Ten Years After
Einer der Höhepunkte des Dokumentarfilms über das Woodstock-Festival 1969 ist sicherlich der Auftritt eines kleinen quirligen Gitarristen, der mit seiner Gibson das Publikum in Extase versetzt. Die Rede ist nicht von Jimi Hendrix, sondern vom jungen Alvin Lee.
Mit Leo Lyons (Bass), Ric Lee (Schlagzeug) und Chick Churchill (Keyboards) gründet er 1966 in London Ten Years After. Verantwortlich für den Namen ist angeblich Elvis Presley, der zehn Jahre davor seinen großen Durchbruch geschafft hatte. Ihr Stil zwischen Rock, Blues und Jazz bringt ihnen einen Vertrag bei Deram, ein Unterlabel von Decca ein. 1967 erscheint ihr selbst betiteltes Debüt, ein Jahr später der Live-Mitschnitt "Undead", der ihr im Nachhinein bekanntestes Stück "I'm Going Home" enthält.
Ebendieses Stück spielen sie als Zugabe in Woodstock – in einer so mitreißenden Version, dass sie praktisch als Nobody in den Film mit aufgenommen werden. Lee, der hier an Angus Young erinnert, steigt über Nacht zum Star auf. Auf der Welle des Erfolgs veröffentlichen Ten Years After "Ssssh" (1969), "Cricklewood Green" (1970) und "A Space In Time" (1971).
Wenn die Band nicht im Studio ist, tritt sie auf renommierten Festivals auf und tourt durch die ganze Welt. Ein Teufelskreis, dem Lee 1974 ein Ende setzt, indem er aussteigt. Bereits 1973 hatte er ein Country-Rock-Album mit dem Titel "On The Road To Freedom" veröffentlicht, an dem auch George Harrison, Steve Winwood, Ron Wood, Mick Fleetwood und der Gospelsänger Mylon LeFevre mitgewirkt hatten.
Während Lee anschließend eine erfolgreiche Solokarriere aufbaut, driften seine ehemaligen Mitstreiter auseinander. Erst 1988 findet die Originalband wieder zusammen und veröffentlicht nach einer Tour das Studioalbum "About Time". Anschließend trennen sich die Wege aber wieder.
Zu Beginn der 90er Jahre spielt Lee zwei Stücke mit George Harrison ein. Ihr Duett auf "The Bluest Blues" verleitet einen Kritiker dazu, das Stück als "den besten Blues-Song aller Zeiten" zu loben. Doch die Glanzzeiten sind vorbei. Zwar nennt der Gitarrist sich und seine Begleitung gelegentlich Alvin Lee & Ten Years After, doch mit der Ursprungsformation hat das nichts mehr zu tun.
Im neuen Jahrtausend erscheinen die Originalalben der Band in restaurierter Fassung. Nach einer kurzlebigen wie fruchtlosen Reunion 1998 heuern Lyons, Rick Lee und Churchill den unbekannten Gitarristen Joe Gooch (geboren 1977) an und veröffentlichen 2004 das Studioalbum "Now". So kommt es zur unglücklichen Situation, dass zwei Bands mit dem gleichen Namen existieren.
2004 erscheint "Tennessee", auf dem der in Südspanien lebende Lee mit den Legenden Scotty Moore (Gitarre) und D.J. Fontana (Schlagzeug) aus Elvis' Begleitband spielt. 2012 veröffentlicht er sein letztes Album "Still On The Road To Freedom", das im Titel sein erstes Soloalbum von 1973 zitiert.
Am 6. März 2013 verkündet seine Familie auf der offiziellen Webseite, dass Alvin Lee "vollkommen überraschend an Komplikationen in Folge einer Routine-Operation" gestorben sei. Er wurde 68 Jahre alt. In Erinnerung bleibt er hauptsächlich für seine Woodstock-Performance, wobei er sich schon 1975 darüber beschwerte, dass er gar kein Rocker sei. "Eigentlich zupfe ich die Gitarre viel lieber, aber ich fühlte mich zunehmend in die Rolle einer Rock'N'Roll-Ikone gedrängt. Nach Woodstock wollte das Publikum immer nur Stücke wie 'I'm Going Home' hören", sagte Lee der Zeitschrift Rolling Stone.
2 Kommentare
Der Name der Band hat mit Elvis Presley absolut nichts zu tun!
Habe TYA im zarten Alter von 16 in der Berliner Deutschlandhalle erlebt. Ich war völlig geflasht und habe mir anschließend eine halbakustische Klampfe gekauft (Guild, Gibson konnte ich mir nicht leisten).
Darf man nicht vergessen: Bass und Drums haben eine super gut passende Rhythmusgrundlage gespielt. Das passte alles gut zusammen. Alvin Lee war auch irgendwie eine geniale "Rampensau".