laut.de-Kritik
Rauhe Popriffs und Telefonsex mit Sharleen Spinteri.
Review von Giuliano BenassiDer Anfang klingt interessant: Erst bimmelt ein Telefon, dann setzen eine fetzige Gitarre und eine verzerrte Frauenstimme ein. Mutig, zumal das Lied ein Schmuddelthema behandelt, und der für dieses Stück engagierte Produzent Trevor Horn schon vor zwanzig Jahren mit Frankie Goes To Hollywood und "Relax" für erregte Diskussionen sorgte.
"Telefonsex ist besser als all dieser wirklich unheimliche Internet-Chat-Kram", erklärt Texas-Frontfrau Sharleen Spiteri. Die nicht nur auf dem Cover mit ihrem Sexsymbol-Image spielt: Drei Jahre nach dem "Greatest Hits"-Album, das sich fünf Millionen mal verkaufte, sind die Abbildungen gewagter und der Sound rauher geworden. "Come on let's get down tonight, join my carnival of love" singt Spiteri in "Carnival Girl" mit dem kanadischen Rapper Kardinal Offishall, während sie sich in einem Foto des Booklets in den Schritt greift.
Die erste Singleauskopplung ist nur ein Beispiel des Facettenreichtums dieses Albums. Die Ballade "I'll See It Through" kann zwar Geigen aufweisen, verführt mit seinem düsteren Grundton aber kaum zum Feuerzeug schwenken. Eine neue Orientierung, die sich auch bei "Where Do You Sleep?" zeigt, dessen Refrain die Ohrwurmqualität vergangener Stücke vorweist, aber durch harte, fast dissonante Gitarren und schrägen Keyboardsound nur begrenzt autobahnradiotauglich klingt.
Dafür eignet sich eher "And I Dream" mit Drumbeats und Blondie-Feeling; wie auch beim Titeltrack hämmern jedoch immer wieder Riffs auf die zerbrechliche Harmonie ein. Elektronik beherrscht dagegen "Carousel Dub" und "Place In My World" mit dem Drum'n'Bass-Musiker Ceri Evans. Beim zweiten Stück war auch Spike Stent am Werk, der schon Madonnas "What It Feels Like For A Girl" remixte.
Der Hinweis, "Überlege gut, was du dir wünscht" bezieht sich wohl gleichermaßen auf die Band und auf den Käufer. Der große Erfolg hat die schottische Band - vor allem ihre Frontfrau - zu gejagten Objekten gemacht; wer andererseits eine Fortsetzung des seichten "Greatest Hits"-Sound mit "Summer Son"-Glocken erwartet, dürfte sich schlecht zurecht finden. Allen möglichen Einwänden zum Trotz bleibt festzuhalten, dass Texas sich nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen und noch Saft im Körper haben. Was wieder zum Anfang des Albums führt: Das Telefon klingelt und Sharleen Spiteri ist dran. Schade nur, dass ihre Nummer auf der CD nicht zu finden ist.
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