laut.de-Kritik
Artrock und Elektropop im Zeichen von Sex und Liebe.
Review von Cathrin Hauswald2006 war das Jahr der Long Blondes. Der Guardian zeichnete sie als "beste britische Band ohne Plattenvertrag" aus, Stylo-Frontfrau Kate Jackson beteiligte sich aktiv daran, den Retro-Glamour zum Must zu erheben, und Rough Trade brachte dann den sexy melancholischen Gitarren-Erstling "Someone To Drive You Home" auf den Weg. Neo-New Wave hieß das dann.
Gingen damals noch ab und an die Gäule mit der Band durch, passt der Sound des Zweitlings vielmehr in die Kategorie "Ho, ruhig Brauner!": Reduktion so weit das Auge reicht. Diesmal surfen The Long Blondes auch auf der populären Elektropop-Welle, allerdings auf zum Teil überraschend verlangsamte und auch minimale Art und Weise.
Vor zwei Jahren rief der Fünfer noch unmittelbar Erinnerungen an Pulp und die frühen Blondie hervor. Jetzt gibt es Artrock, eine Line Sound von Cocorosie und viel Brian Eno dazu. Damit keine Missverständnisse entstehen: Der neue Long Blondes-Sound ist in keinem Fall eine zusammen geschusterte Kopie.
Ganz im Gegenteil, "Couples" präsentiert sich eigenständiger, innovativer, selbstbewusster. Bestes Beispiel dafür ist der Opener "Century, ein zielstrebiger Fingerzeig im Stile Arcade Fires, der die neue Richtung vorgibt.
Das macht was her, gerade auch die kleinen Raffinessen, die auch in der Post-Vintage-Indiezeit erhalten bleiben. So schmuggeln sich Filmzitate und das Knistern einer gerade entzündeten Zigarette in die Songs. Solche nostalgieträchtigen Momente betonen die fünf bewusst und widmen den Song "Nostalgia" diesem Thema: "That was then and this is now and that was just nostalgia". Passend dazu kehren sie bei Hits wie "Erin O'Conner" zu vergangenen, punkigeren Zeiten zurück.
Und schuldig muss sich sicher niemand fühlen, wenn er beim verführerisch eingängigen "Guilt" begeistert mitwippt. Kate Jackson nutzt dabei das ihr einverleibte Instrument Stimme ebenso großartig wie Kollegin Reenie Hollis den Bass oder Screech die Drumms.
Um dem Titel "Couples" genüge zu tun, steht das Konzeptalbum - ja, Konzeptalbum! - im Zeichen von Sex und Liebe. Es geht um Paare, Beziehungen, One-Night-Stands - die klassische Palette eben. Leben, lieben, finden, gehen, suchen - darum dreht sich schließlich alles.
Selbstverständlich nerven diese Themen darum auch so schnell. Dennoch: Unaufdringlicher und leichter als bei diesen minimalen Neo-New Wavern schwebt selten der Satz "You're not lonely, I am baby!" in den Gassen.
2 Kommentare
Joah, würde ich über weite Strecken unterschreiben ... schade nur, daß nicht mehr zu einzelnen Titeln gesagt wird - so richtig zwingend nach vier Punkten klingt die Rezi nämlich dann doch nicht.
Egal - starkes Album (und überzeugt mich mehr als das Debüt)
Gruß
Skywise
Ich find beide Alben ganz gross! Wunderbare Platte! Bei mir eine eindeutige 4,6/5