laut.de-Kritik
Zwischen Paradise Lost, HIM und ... Linkin Park.
Review von Michael EdeleDie Trennung von Theatre Of Tragedy und der ehemaligen Sängerin Liv Kristine verlief vor drei Jahre nicht unbedingt in Freundschaft. Mit Nell präsentierten die Norweger 2004 schließlich ihre neue Sängerin und die bewies gleich auf der Tour mit Pain und Tiamat, dass sie über eine durchaus angenehme Stimme verfügt.
Allerdings konnte man den letzten Longplayer "Assembly" vollkommen in der Pfeife rauchen, egal was das Fräulein Vetter da auch immer erzählen mag. Vier Jahre und eine Sängerin später, haben es auch Theatre Of Tragedy eingesehen, dass sie es mit dem Elektrokram wohl deutlich übertrieben haben und lassen wieder Gitarren sprechen. Wer jetzt aber eine Wiederauferstehung der frühen TOT-Sounds erwartet, kann das getrost wieder vergessen.
Theatre Of Tragedy setzen 2006 auf Klänge, wie man sie auch auf den aktuellen Veröffentlichungen von Paradise Lost oder HIM hört. Das ist zwar alles andere als innovativ, aber immerhin macht es wieder Spaß, sich die Band anzuhören. Dazu trägt vor allem Nell bei, die mit ihrer sanften, aber nie in Trällerliesel-Gefilde abdriftenden Stimme Akzente setzt. Wie ein Sturm bricht der Opener "Storm" zwar nicht über einen herein, doch die Dame macht von Anfang an klar, dass ab sofort sie den Sound der Band trägt.
Ihr männliches Pendant Raymond verkommt dabei eigentlich immer mehr zum bloßen Ärgernis. Ist das verzerrte Gemurmel im Opener noch erträglich, so geht einem sein Einsatz in "Silence" schon richtig auf den Sack! Hat der Kerl zuviel Linkin Park gehört und versucht das ohne jegliches Gefühl für einen Flow zu kopieren? Das ist ja furchtbar. Ein Glück setzt Nell bald wieder ein und rettet die Nummer vor dem Untergang.
Während die Gitarren in "Silence" nur bedingt eine Rolle spielen, rücken sie in Songs wie "Voices" oder "Begin & End" wenigstens wieder weiter nach vorn. Mit der schönen (Halb-)Ballade "Fade" zeigt auch Lorentz Aspen, dass er als Pianist bei der Band durchaus seine Berechtigung hat, anstatt nur als elektronische Abrundung zu dienen. Während "Senseless" ebenfalls balladesk klingt, gehen einem "Exile" und "Disintegration" dank Raymond erst mal wieder auf die Nüsse. Was zur Hölle versucht der Kerl da zu machen? Sollen das Raps sein?
Wenigstens stimmt das abschließende "Debris" in seiner Art relativ versöhnlich. Raymond flüstert nur gelegentlich ein paar Zeilen, Nell singt ein paar gute Strophen und auch die Gitarren dürfen hin und wieder richtigen Druck entwickeln. Ihre Vorreiterrolle werden die Skandinavier mit "Storm" nicht zurück bekommen, aber wenigstens retten sie sich vor der vollkommenen Belanglosigkeit.
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