laut.de-Kritik
Das Experiment funktioniert auch ohne DJ Shadow.
Review von Stefan FriedrichNach fünf Jahren Pause meldet sich James Lavelle alias UNKLE zurück, im Gepäck ein Album, das zwar nicht mehr den Medienhype von 1998 auslösen wird, das allerdings ganz klar zu den wichtigen Scheiben des Jahres zählt: "Never, Never, Land".
Nachdem die Arbeiten am Debüt, hinter dem neben James Lavelle auch DJ Shadow steckte, beendet waren, kündigte Shadow an, künftig wieder auf Solopfaden wandeln zu wollen. Insofern war klar, dass sich der typische Sound des UNKLE-Kollektivs ändern würde. Das "I'm going through changes"-Sample zu Beginn des Album unterstreicht dies eindrucksvoll. Mit dem vorab schon veröffentlichten Anti-Kriegs-Song "Eye 4 An Eye" folgt sogleich einer der Höhepunkte von "Never, Never, Land". Nachdem über zwei Minuten Spannung aufgebaut sind, treibt "Eye 4 An Eye" druckvoll und höchst angenehm dahin. James Lavelle hat es einfach drauf, UNKLE funktionieren auch ohne die Genialität von DJ Shadow.
Das pumpende "In A State" beginnt mit einem Highspeed-Sample von Massive Attack. Deren 3D ist auch später noch zu hören. Überhaupt sind wiederum eine Menge Gaststars dabei, u.a. Brian Eno und Jarvis Cocker, Ian Brown sowie der QOTSA-Frontmann Josh Homme! Dessen Gesangskünste stellen alles in den Schatten, was er bislang bei den Queens abgeliefert hat. Anfangs nur spärlich von pluckernden Geräuschen begleitet, driftet Homme im Refrain durch einen wüsten, psychedelischen Soundkosmos, aus dem es kein Entkommen zu geben scheint.
"Panic Attack" startet als eben solche. Amoklaufende, trockene Elektroklänge fundiert ein ebenso trockener Beat, darüber eine emotionslose Gesangsspur, und fertig ist der mitreißende Hit. Underworld scheinen hinter jeder Ecke hervorzulugen. "Invasion" mit oben erwähntem 3D im Anschluss zeigt deutlich auf, wo der Mann eigentlich für den Sound zuständig ist - Massive Attack haben ihre eindeutigen Spuren hinterlassen. Düster und träge kommt das Stück daher und erinnert stark an den Sound von "100th Window".
Die wieder freundlichere Endrunde wird von "Reign" featuring Ian Brown inklusive seiner göttlichen Stimme eingeleitet. Breitwandsound plus Streicher geben ihm den nötigen Hintergrund um die Klasse des ehemaligen Stone Roses Sänger deutlich werden zu lassen. Auch das ungewöhnlich ruhige "Glow" ist einer der Höhepunkte auf "Never, Never, Land", bevor das große Finale mit "Inside" beginnt. Hier kommt noch einmal alles zusammen, was das Album bzw. UNKLE ausmacht: die melancholische Grundstimmung, das Händchen für grandiose Melodien und der gezielte und immer (bis auf gewollte Ausnahmen) sehr organisch wirkende Einsatz von elektronischen Klängen. Zwar hat die neue Besetzung den Anteil an Hip Hop-Elementen zurückgefahren, der Klasse der Songs tut das jedoch keinen Abbruch. Das Experiment "UNKLE" funktioniert auch ohne DJ Shadow.
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