laut.de-Kritik
Hier sind die wahren Superstars. Die müssen einfach alle mit.
Review von Jasmin LützKommst du vom Dorf und fühlst dich in der Großstadt so richtig wohl? Stehst du auf Texte, die man auf Anhieb versteht? Hast du keinen Bock, deinen Freunden ständig ein Mix-Tape aufzunehmen? Fährst du gerne mit dem Auto ins Grüne? Dann lies das!
"Ich Scheiß auf deutsche Texte" kam es mir direkt in den Sinn, als ich diesen Sampler in den Händen hielt. Aber natürlich nur im Sinne des gleichnamigen Songs der Sterne. Die sind übrigens auch auf dieser Kompilation vertreten. Hier nämlich "müssen alle mit", egal ob sie wollen oder nicht. Und das ist eine ziemlich gelungene Auswahl bekannter und unbekannterer Bands aus deiner und meiner Region. Hier sind so ziemlich alle bedeutenden Bundesländer vertreten.
Natürlich stehen dabei DIE Hansestadt und DIE derzeitige Fluchtmetropole im Vordergrund. Aber zu meiner Freude ist auch das Rheinland durch die Formation "Erdmöbel" vertreten, wobei ich meine lieblingsregionalen Punkrocker auf diesem ausflugsgeprüften Sampler etwas vermisse. Aber das sei nur nebenbei erwähnt. Es ist doch mal angenehm auf Anhieb alle Texte zu verstehen, und in Gedanken die einen sofort abzuhaken und die anderen ständig vor sich hinzusummen. Ein poppiges Indie-Gitarren-Schrammel-Paket, das das Hamburger Label Tapete Records für diesen sonnigen Sommer zusammen gestellt hat. Mit viel Liebe und Geschmack. Hiermit wird auch die kleinste Provinz zur Metropole.
Die ersten drei Songs lassen mich allerdings noch nicht an Sonne, Wasser und Picknick denken. Abgehakt, unten ankreuzen. Bei Tele schlafe ich schon während der ersten fünf Kilometer am Steuer ein, und die schon eben erwähnten Sterne hören sich auch nicht so reiselustig an, wie damals. Besser und schöner wird's auch noch nicht mit "Besser", obwohl der Name zunächst hoffen lässt. Das Reisefieber packt mich erst ab dem vierten Song. Hier fahren die Sportfreunde Stiller im schnelleren Tempo mit einem ordentlichem "Kompliment" im Gepäck. Das rockt und macht Spaß.
Weiter geht es mit der neueren Entdeckung aus der Hauptstadt, die meiner Meinung nach, die 80er Jahre leider zu sehr wieder aufleben lassen: Wir sind Helden laden zur Pinkelpause ein. Die Altherren-Rocker der Fehlfarben erschrecken nicht nur die Mutter auf dem Beifahrersitz. Mit neuem Proviant und leerer Blase macht die Fahrt dann wieder richtig Spaß.
Mit Tempo 160 führen die Goldenen Zitronen einen näher ans Ziel. Die Hits des 21. Jahrhunderts. Während das "Flimmern" langsam nachlässt, laden UNSERE Hamburger Jungs zu ihrem besten neuen Song "This Boy Is Tocotronic" ein. Singt: "Ja! Das ist jetzt! Der einzige Zweck!". Die frische Landluft steigt einem mit "Kajak" sanft und ruhig in die Nase. Die Berliner Luft kommt dann süß und charmant mit Virginia Jetzt! in die Ohren. Die sind so zum knuddeln, dass sie erst mal nie mehr allein sein werden.
Bernd Begemann darf, wenn überhaupt, nur "Selten" auf diversen Trips fehlen und ein "Fürst Pückler"-Eis schlecken Bazooka Cain - fruchtig, frisch und mit fetter Big Band-Puste. Der smarte Gentleman vom Kiez erklärt uns dann gewohnt intellektuell und einfach großartig noch einmal den Euro: "Geld ist eine Droge", na klar, man! Aber jetzt bitte die Fenster runter kurbeln, anschnallen und lauthals mitgrölen: Superpunk sind nicht böse geboren, und nur sie wissen, dass man "einen ehrlichen Mann nicht auf seine Knie zwingen kann." Yeah, that's Rock n Roll.
Mit dem Tilman Rossmy Quartett sollte man die PS-Zahl wörtlich nehmen. Im Trab wird das ersehnte Ortsschild sichtbar. Das Ausflugsziel erreicht mit "Tom Liwa" noch einmal eine Steigerung. In den "Schuhen von Audrey Hepburn" geht es mit den Kölner "Erdmöbeln" raus aus dem Wagen auf die saftige Wiese. Mit Garish schmeckt der Rotwein und das Käsebaguette noch mal so gut. Bitte mehr davon. Die "Paul Dimmer Band" schließen diesen aufregenden Ausflug ins Grüne krönend ab: Mit träumen, saufen und vielleicht ein wenig Liebe im Gras ...
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