laut.de-Kritik
Conway zerfickt alles. Top 5 Griselda-Projekt ever.
Review von Stefan JohannesbergEin Hoch auf die Samples! Wie kein anderes Musikgenre baut Hip Hop seit 50 Jahren aus alten Songfetzen neue Hits und Sounds. Wie kein anderes Musikgenre verhalf Hip Hop so alten Helden auch im höheren Alter zu stabilen Einnahmen. Im Laufe der Jahre scheuten die Plattenfirmen jedoch jene Abgaben an die Eigentümer der gesampelten Stücke, und die KünstlerInnen veröffentlichten ihre Tracks entweder als Free-Tape oder ließen die Samples und Loops neu einspielen. Letzteres tat auch Eminems Shady Records für ihre gesignten Griselda-Rapper Conway und Westside Gunn und deren Alben "WWCD", "God Don't Make Mistakes" und "Who Made the Sunshine".
Kurz vor der Unterschrift unter jenen Shady Records-Vertrag 2017 hatten Conway und Westside Gunn mit Beatmagier Alchemist "Hall & Nash 2", das Sequel zu ihrem Underground-Klassiker aus dem Jahre 2015, aufgenommen. Keiner der drei wollte jedoch den Weg gehen, die Beats ohne Samples neu einzuspielen. Wie sollte dies beim Alchemist, dem Crate-Digger-Number-One, auch funktionieren? Und so verstaubte das Album in der Cloud. Bis zum Dezember 2023. Nach dem Ende von Conways Labeldeal 2022 fischte Alchemist die Songs wieder aus seinem digitalen Teich, schraubte im Studio das Album zusammen, und am 29. Dezember droppte das Trio die Powerbomb wie einst Scott Hall und Kevin Nash.
Vergesst Conways letzte Ergüsse "Palermo" oder "Pain Provided Profit", bereits seine "Introduction"-Bars zerficken seine aktuellen Alben und überhaupt jeden Emcee der letzten Jahrzehnte, jenseits von J. Cole und Kendrick Lamar. "Uh, look, I promise the flow legendary (Hah) / I get the money first, the pussy secondary / Machine guns down to the handguns, my weapons vary / All I write is drums nigga, I'm ten steps ahead of every / Rap nigga, you can't compare me, nobody is equal nigga (Not at all) / The Devil's reject back, the flows evil nigga (Woo) / You tried to creep, thought you was low, but nah, I peeped you nigga (I see you nigga) / Holes so big in your chest, your shit was see-through nigga (Haha)".
Der Alchemist liefert dafür einen hektisch-funkigen Prog Rock-Loop ab, und Westside Gunn beschränkt sich eigentlich das ganze Album über aufs Adlibben und Stylen statt auf Lyrics. Ab und an gelingen ihm zwar ein paar coole Zeilen wie seine Wu-Tang-Referenzen in "Michelangelo" oder das Kanye-Bildnis im folgenden "Rey Mysterio" - "Turn Judas for them Yeezy Season 3s / The pump's in the sleeves, don't make a nigga reach" - doch zum Glück überlässt er Conway das Limelight to keep his rhymes tight. Supertight. Oder wie er es auf dem schweren 70er Space-Tune "Rey Mysterio" formuliert: "Look, name a rapper that's half as ill that can match the skill that's half as real".
Für "Fork In The Pot" switcht Alchemist zu frühen 80er Breakbeats, doch Conway regiert weiterhin eisern. "Uh, look, lil G wanna spaz / Ready to lift a nigga off his feet for a bag / He need that dub, nigga, he doing bad / So I bet he do you bad (bad) / I creep through heat's in the dash, I keep two stashed / Fuck the police too, I was speeding through the ave (vroom!) / Take 'em on a high speed chase, I'ma breeze through and laugh / 'Cause the pigs hit a tree when they crashed".
Er ist der Boss im Game und macht Ghostface Killah auf dem harten Eastcoast-Nackenbrecher "'94 Ghost Shit" alle Ehre: "I can't relate to you niggas, your shit is not relatable / Grimiest of all time / that shit is not debatable". Wenn der Alchemist seine Finger im Spiel hat, dürfen die Drumless-Dinger nicht fehlen. Auf "Pete vs Andre" wirft er Conway nur ein paar Gitarren-Loops hin, doch 2017 schien dieser auf Massenmord unter den Emcees aus: "Imagine your favorite rapper but more nice / My bars like, gettin' stabbed at the same time with four knives / They gave Sly four lives (Free the homie) / Three racks with my kicks I never wore twice".
"Hall & Nash 2" gehört vor allem dank Conway und Alchemist zu den Top 5 aus dem Griselda Camp ever. Egal, ob Boom Bap wie ATCQ oder Cypress Hill ("Fuck & Get High"), hypnotische Vocal-Spiralen ("Judas") oder Psychadelic Rock-Samples im Titeltrack, Alc passt Conway die Bälle in allen Varianten zu - und Conway verwandelt alle blind. "Had 'em jumpin' like Sky Zone, your Mama'll cry home / The flyest nigga in the no-fly zone". Laut Gerüchten befinden sich alle drei wieder im Studio für eine aktuelle 2024er Version von "Hall & Nash 2". Ayo (Doot-doot-doot-doot-doot)!
2 Kommentare mit 2 Antworten
Hab leider so ne Ahnung, dass die Platte wieder einschläfert und ich mich frage, warum ich erneut auf eurer Urteil reingefallen bin.
Man muss Alchemist schon mögen. Aber es sind nur zwei oder drei Beats drumless, meine ich.
Coolio Iglesias. Ich mag Alchemist mit Drums. Ist nur ein bisschen wie mit guten Premo Beats. Um den Track dann noch zu verkacken, muss man als Rapper schon hart scheiße sein. Von den Zitaten her finde ich die Eloge daher schon etwas drüber. Aber was ich gehört habe gefällt bisher ganz gut.
"Fuck&Get High" und "Judas" sind fett. Der Rest ist nicht schlecht. 3-4/5.