laut.de-Kritik

Raus aus der Lethargie, ran an die Anarchie.

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Für eine Metalcore-Band, die so wild und ungezähmt in die große weite Welt aufbricht wie While She Sleeps, erscheint der Weg erfahrungsgemäß vorgezeichnet: Vorausgesetzt, das Feedback stimmt, lernt die Bestie bald, ihre Krallen mit Bedacht einzusetzen. Der Sprung von "Brainwashed" ins Jahr 2019 dokumentiert das mustergültig.

Der einstige Rebell ist reifer geworden, hat an Kontur gewonnen und seinen Fokus weiter in Richtung Melodie verlagert. Dabei allerdings, und das versteht sich nicht von selbst, bleibt die aufbrausende Leidenschaft ungebrochen. Ganz gleich, wie sehr die Briten auf "So What?" den Fuß vom Gas nehmen ("I've Seen It All"), choralen Gesängen frönen ("Set you free") oder das instrumentale Spektrum zwischenzeitlich auf ein Minimum herunterfahren ("Good Grief"): Die wachrüttelnde Grundstimmung bleibt allgegenwärtig.

"I've been waiting for the moment, when you're out of your comfort zone. Are you afraid of realizing we're out of control? Did you know we'll never know?". "Raus aus der Lethargie, ran an die Anarchie", so lautet die Botschaft. Auf die brüderliche Vision "You Are We" folgt mit "So What?" die ernüchternde Realität.

"Anti-Social" rechnet mit billigen Ausreden ab, bevor es all diejenigen vor den Kopf stößt, die sich im oberflächlichen Strudel der sozialen Medien verloren haben: "You're gonna follow like a freelance sucker of the next biggest trend. We are pissing into the wind to be heard by the indifferent." Sowohl textlich als auch musikalisch geht das voll auf die Zwölf.

Wo die Architects zuletzt einen epischen Soundteppich ausrollten, setzen While She Sleeps mit Ausnahme einiger Sample-Spielereien nach wie vor auf organischen Sound. Im Kern bleibt vieles beim Alten, und genau das dürfte treue Anhänger bei der Stange halten. Der Punch behält die Kontrolle über alle poppigen Auswüchse.

Tanzbar, moshbar, folkig und dann wieder garstig: Immer die Hand an den Zügeln, bringen die Sheffielder all das zusammen. Das bewusste Spiel mit Laut und Leise, wie etwa im eingängigen "Inspire" oder im Titeltrack "So What?", prägt die Dynamik vom ersten bis zum letzten Ton.

Dazu zieht sich der rebellisch-markante Gesang wie ein roter Faden durch jede noch so melancholische Zeile. So lässt sich das Album leicht als großes Ganzes genießen. Unter vielen ähnlichen Stücken packen "The Guilty Party" oder "Haunt Me" neue Facetten absolut überzeugend in eine altbewährte Dramaturgie.

Es braucht nicht viel Fantasie, um sich dabei ganze Hallen in Mitsing-Laune vorzustellen. Die Handschrift bleibt weiterhin unverkennbar. "So What?" beweist also, wie der Sprung zur Massentauglichkeit auch ohne Identitätsverlust funktionieren kann, sogar im Metalcore.

Trackliste

  1. 1. Anti-Social
  2. 2. I've Seen It All
  3. 3. Inspire
  4. 4. So What
  5. 5. The Guilty Party
  6. 6. Haunt Me
  7. 7. Elephant
  8. 8. Set You Free
  9. 9. Good Grief
  10. 10. Back Of My Mind
  11. 11. Gates Of Paradies

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