laut.de-Kritik

Das Gegenteil von "Freude, schöner Götterfunken".

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Harte Zeiten, in denen wir leben. Wilco maßen es sich trotzdem an, eine Ode an die Freude zu singen. Warum? Weil es nach zehn Alben und 25 Bandjahren auch mal gut ist mit todtraurigen Songs über die Schieflagen des Lebens. Wobei das Sextett aus Chicago auch auf "Ode To Joy" ernste Themen zwischen Herz- und Weltschmerz anstimmt.

"I don't like the way you're treating me", lauten die ersten Zeilen der Platte. Jeff Tweedy lädt sie mit seiner typisch nasalen Stimme so emotional auf, dass die restliche Band nicht mehr viel beisteuern muss. Die elf Songs auf "Ode To Joy" leben von einer Schlichtheit, die jedes hinzukommende Klangelement zu einem Höhepunkt erhebt.

Das grundlegende Konzept zieht sich durch die Platte. Stoische Drums stampfen im Viervierteltakt durch zehn der elf Stücke. Die Lieder fühlen sich schleppend an, verbergen ihre Melodien häufig hinter Tweedys Performance. Erst auf dem achten Stück "We Were Lucky" darf die E-Gitarre in einem Solo scheinen. Davor hält sie sich zurück und lässt die Hawaiigitarre mit ihrem countryesken Charme die Arbeit erledigen.

In "Quiet Amplifier" zieht das Schlagzeug an und spielt mit den Erwartungen. Der Song wird immer intensiver, der große Knall bleibt allerdings aus. "Every guitar is too much / I tried, in my way, to love you", singt Tweedy dazu und fasst damit den kompletten Stil der Band zusammen. Meistens reicht die Stimme des Sängers und schon verfällt man dem Wilco-Charme. Dass die Songs nur selten aus dem bewährten Stil ausbrechen, spielt deshalb keine Rolle.

Verändern Wilco dann doch etwas am Rezept, fällt das sofort auf. Zum Beispiel in "An Empty Corner", der als einziger Song mit einem Dreivierteltakt sofort einen zugänglicheren, fast schon tanzbaren Groove verbreitet. Oder "Citizens", das mit einem eingängigen Kehrvers den einzigen Mitsing-Moment der Platte schafft.

"Ode To Joy" fühlt sich unspektakulär an, entfaltet seine Genialität aber mit der Zeit. Während man noch rätselt, ob am Ende von "One And A Half Stars" elektronische Klangelemente eingebaut wurden, wartet ein paar Takte später schon die nächste Entdeckung. Dass die Platte mit "Love Is Everywhere (Beware)" maximal einen Radiohit bereithält, schadet ihr nicht einmal im Ansatz.

Die Schlussfolgerung ist zwar simpel, doch passt: "Ode To Joy" tut gut, da es Entschleunigung und Unaufgeregtheit in eine Welt bringt, die blinkt, knallt und rast. "Right now, right now / Love is everywhere", singt Tweedy wie ein Mantra, betont aber auch, dass diese Liebe mit Vorsicht zu genießen ist. Ein zartes Hochgefühl ist zu spüren, mit "Freude, schöner Götterfunken" hat das allerdings wenig zu tun.

Trackliste

  1. 1. Bright Leaves
  2. 2. Before Us
  3. 3. One And A Half Stars
  4. 4. Quiet Amplifier
  5. 5. Everyone Hides
  6. 6. White Wooden Cross
  7. 7. Citizens
  8. 8. We Were Lucky
  9. 9. Love Is Everywhere (Beware)
  10. 10. Hold Me Anyway
  11. 11. An Empty Corner

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