laut.de-Kritik

Nach wie vor klingt niemand sonst wie die Schweizer.

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Inzwischen dürfte sich herumgesprochen haben, dass Zeal & Ardor dieses merkwürdige Projekt aus der Schweiz ist, bei dem Black Metal und Spirituals aufeinandertreffen. Die erfrischende Mischung bescherte dem Baseler Mastermind Manuel Gagneux einen für extremen Metal vergleichsweise rasanten Aufstieg vom Bandcamp-Geheimtipp zu ausverkauften Headliner-Tourneen – auch weil sein Ansatz, zwei scheinbar unvereinbare Genres zu verknüpfen, trotz zahlreicher Experimente nie verkopft, sondern catchy, oft geradezu poppig geriet.

Dem bleibt er auch auf "Zeal & Ardor" treu, verlagert im Vergleich zum Vorgänger "Stranger Fruit" den Schwerpunkt jedoch etwas mehr auf die metallische Seite. "Mit diesem Album haben wir unser Zuhause gefunden", erklärte Gagneux im Vorfeld. "So wollen wir klingen."

In der Tat klangen Zeal & Ardor noch nie so fokussiert wie auf ihrem dritten, selbstbetitelten Werk. Und noch nie so selbstbewusst. Der ebenfalls selbstbetitelte Opener dröhnt mit Blockbuster-Noise so pompös aus den Boxen, als wolle Gagneux den Soundtrack zum nächsten Mad Max-Streifen schreiben. Ganz anders dringen filmmusikalische Kniffe in "Golden Liar" durch. In eher sanfter Herangehensweise mischen Zeal & Ardor hier ihre Slave Chant-Ästhetik unter Western-Vibes à la Morricone, dazu kommen dreamy Gitarren. Bei stetig leicht unheimlicher Stimmung bauscht der Track sich immer weiter auf, bis schließlich die erlösende Post Rock-Welle bricht und alles mit einer Tremolo-Gitarrenwand überschwemmt. Zeal & Ardors bislang vielleicht vollkommenstes Stück Musik.

Noch immer inkorporiert die Band Einflüsse weit über die beiden oben genannten Eckpfeiler hinaus in ihren Sound, wahrscheinlich sogar mehr denn je. "Bow" klotzt mit Industrial-Synths, dagegen stehen geradezu beschwingte Chöre. Bei "Death To The Holy" klimpert jazziges Klavier. Durch "J-M-B" flirren in Tanzlaune angeproggte Indie-Gitarren. "Hold Your Head Low" wiegt sich im Blues. In "Feed The Machine" mogeln sich Mathcore-Dissonanzen. "Emersion" paart lieblichen Dreampop mit Blackgaze-Panorama und für "Götterdämmerung" verrenkt Gagneux Goethes "Zauberlehrling": "Walle walle, manche Strecke, dass zum Zwecke Götter sterben."

Diese zusätzlichen Elemente rücken selten wirklich in den Vordergrund, dienen mehr als Würze denn Hauptfokus. So klingt das Gebilde insgesamt weniger ausgefranst, weniger zufällig als noch auf "Stranger Fruit" und "Devil Is Fine". Aber auch etwas entschärfter, gediegener – und ohne die ernsthafte Schwere der zwischengelegten EP "Wake Of A Nation" fortzuführen.

Dazu passt, dass in jedem Stück mit Ausnahme von "Golden Liar" und dem instrumentalen Outro "A-H-I-L" irgendwann der Metal-Hammer niedersaust wie ein roter Faden. Womöglich ein Zugeständnis an die trotz Genre-Hopping mittlerweile klar herauskristallisierte Kernzielgruppe der Metalheads. Ob das künstlerisch der richtige Pfad war, sei dahingestellt, denn zum einen wirken die zuverlässig reingrätschenden Riffs und Screams hier oft berechenbar – gerade dann, wenn sie betont abrupt über entspanntere Passagen herfallen –, zum anderen hinterließen Zeal & Ardor schon immer die stärksten Eindrücke mit ihren nicht-metallischen Bestandteilen, allen voran Gagneux' intensivem, souligem Klargesang.

Bezeichnete der Schweizer beim Debüt die Funktion der Metal-Komponenten in seiner Musik noch "eher als Rückenwind, statt als Schlag ins Gesicht", gebraucht er sie mittlerweile oft wie letzteres. Das Geknüppel in "Run" und "Götterdämmerung" mutet beinahe konservativ stumpf an. "Erase" verschenkt immenses Potenzial, weil brachiales Staccato die anfangs eingeleitete Komposition einfach zerhackt, statt weiterzuführen. Dass es auch anders geht, zeigen Zeal & Ardor in "Hold Your Head Low", einem Werk von beeindruckender Dynamik, das sich verhält wie die See: Mal wogt sie ruhig vor sich hin; von Zeit zu Zeit kriecht Schwärze hinein und entfesselt Urgewalten.

Messen müssen sich Zeal & Ardor ohnehin nur mit sich selbst. Nach wie vor klingt niemand sonst wie die Schweizer. "Zeal & Ardor" zementiert das – mit einigen wenigen Fehltritten, aber auch vielen der besten Momente der Band überhaupt. Beides trägt unmissverständlich ihre Handschrift.

Trackliste

  1. 1. Zeal & Ardor
  2. 2. Run
  3. 3. Death To The Holy
  4. 4. Emersion
  5. 5. Golden Liar
  6. 6. Erase
  7. 7. Bow
  8. 8. Feed The Machine
  9. 9. I Caught You
  10. 10. Church Burns
  11. 11. Götterdämmerung
  12. 12. Hold Your Head Low
  13. 13. J-M-B
  14. 14. A-H-I-L

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