laut.de-Kritik

Dazu tanzen die Leute in Norwegen?

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Es gibt eine schöne kleine Anekdote zu Björn Torskes viertem Album Kokning. Der Nu-Disco-Produzent aus Tromsø hatte das Album nach Berlin gegeben, um es dort im Stil einer knackig elektronischen Platte mastern zu lassen. Der Soundengineer, wohl sonst nur Techno und Minimal gewohnt, soll sich überrascht gegeben haben: "Dazu tanzen die Leute in Norwegen?"

Tatsächlich bezieht sich "Kokning" schon mit der Namensgebung stark auf skandinavische Traditionen. Der Begriff bezeichnet das Kochen von Kartoffeln, während man sich – wichtig – parallel einen Fisch für die anstehende Mahlzeit fängt. Was innerhalb Torskes halb elektronischem, halb akustischem Soundkosmos nun analog die Kartoffeln und was die Fische sind, soll hier einmal offen gelassen werden.

Jedenfalls hat er für das Album von der Gitarre über diverses Schlagwerk sämtliche Instrumente selbst eingespielt, editiert und mit rhythmischen Tracks overdubbed. So befinden sich am Ende Acid House, Techno, Disco, Dub und Krautrock in wohldosierten Mengen auf dem Teller. Minimal sind sie dabei durchaus, Torskes neun Stücke – nur eher in einem ausgeklügelt kompositorischen Sinn.

Den Opener "Kokning" oder das siebenminütige "Gullfjellet" könnte man dabei getrost auch als wärmenden Chill-Out bezeichnen, wenn der Begriff nicht längst durch den ganzen esoterischen Compilation-Müll von den Wühltischen im Elektronik-Fachmarkt in Verruf geraten wäre.

"Langt Fra Afrika" wiederum ist eine kurze afrikanische Rhythmus-Studie mit hineinmontierten Effekten, während "Bergensere" mit seinen organischen Percussions, den Handclaps, mit den balearischen Gitarren und spacigen Synthies genau die ultralässige, funkige Nu-Disco-Nummern ist, die sein Landsmann Prins Thomas am Fließband raushaut.

Zu einem etwas hochgepitchten "Bergensere" könnte man tatsächlich schön rund tanzen, das krautrockige "Slitte Sko" ist dafür schon wieder zu langsam. "Versjon Wolfenstein" klingt wie ein düsterer Dub-Track mit gesampleten Field Recordings direkt aus den dunkelsten norwegischen Wäldern, ehe Torske mit dem abschließenden "Furu" seinen idiosynkratischen Stil, den "Skrangle-House", auf zwölf Minuten ausformuliert.

Mit seinen blechernen Bläsern erinnert der Track entfernt an den 2009er Clubhit "Blaue Moschee" vom Hamburger Projekt Die Vögel, nur wird der stumpfe Techno-Beat hier zusätzlich mit Handgetrommel und allerlei kosmischen Effekten angereichert. Wenn die Norweger dazu tatsächlich gepflegt tanzen, sind sie allemal cooler als Berliner After-Hour-Leichen. Und die können noch nicht mal angeln.

Trackliste

  1. 1. Kokning
  2. 2. Bryggesjau
  3. 3. Gullfjellet
  4. 4. Langt Fra Afrika
  5. 5. Bergensere
  6. 6. Slitte Sko
  7. 7. Nitten Nitti
  8. 8. Versjon Wolfenstein
  9. 9. Furu

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