laut.de-Biographie
Cage
"When I first wake I administer the usual morning walk thru death. No sense in abusing your lungs with pepper I go straight for a high grade phencyclidine with all the extras. Then I like to open the walls in the house and since its never mine... I start immediatly. I can destroy an entire upstairs bedroom penthouse in under 15 minutes and after this one I be up to a thousand."
Mit jenen manischen "Morning Dips" beginnt das durchgeknallte Debütalbum "Movies For The Blind" des weißen Eastcoast-Emcees Cage aus dem Jahre 2002. Doch der 1970 in Deutschland als Christian Palko geborene Cage treibt bereits seit Mitte der Neunziger sein lyrisches Unwesen in den erlauchten Hip Hop-Kreisen. So tritt er als Gast auf dem Pete Nice-Album "Daddy Rich" in Erscheinung und wird darauf 1997 bei High And Mightys Eastern Conference Records unter Vertrag genommen.
Den Hang zur Exzentrik und Extremen bekommt er von seinem Vater, einem US-Militärpolizisten, förmlich aufgezwungen, da dieser ihn erzkonservativ erzieht. Cage im Juice-Magazin dazu: "Ich bin damit ausgewachsen, zu denken, Sex, Drogen und all das sei schmutzig, ja krankhaft." Mit 15 stecken die Eltern ihn gar in die Psychatrie Stoney Lodge (Man höre dazu auch den gleichnamigen Track vom Debüt). Bei so viel christlicher Nächstenliebe wundert es nicht, dass seine späteren Werke vom Ausleben einst unterdrückter Gefühle und Erfahrungen geprägt sind. Die erste 12 Inch "Agent Orange", die auch auf dem High And Mighty-Album "Home Field Advantage" zu finden ist, verdeutlicht im kurzen aber treffenden Refrain die schockierende Selbsterkenntnis des Cage: "People said his brain was infected by devils."
Stilistische und charakterliche Ähnlichkeiten mit einem gewissen Slim Shady sind nicht von der Hand zu weisen. Doch die zwei Rapper können sich nicht ausstehen, obwohl beide bei "Home Field Advantage" als Feature-Act auftreten. Worauf die gegenseitige Abneigung beruht, liegt etwas im Dunklen. Fakt ist aber, dass Cage mehr den psychopatischen Serienkiller darstellt, während Eminem eher den rebellierenden Rotzlöffel verkörpert.
1998 gründen DJ Mighty Mi, Mr. Eon und Cage jedenfalls die Smut Peddlers. Wie der Bandname schon suggeriert geht es hier hauptsächlich um pornographische Inhalte, die aber immer mit der nötigen Prise Humor behandelt werden. Flachen, ekligen Sexismus sucht man bei den "Schmutzhausierern" zum Glück vergebens. Nach unzähligen Maxis steht dann 2001 endlich das lang ersehnte Smut Peddlers-Debüt "Porn Again" in den Läden, ein Jahr später droppt Cage schließlich seine erste Soloscheibe "Movies For The Blind". Letztere erfüllt dann auch alle lyrischen Erwartungen. Die Storys vom unfähigen Selbst- zum Massen- hin zum Stiefvatermörder und wieder zurück zeigen knallhart die Schattenseite des amerikanischen Traumes.
Über seine geistige Unausgewogenheit kommt Cage so schnell nicht hinweg. Auf dem im Oktober 2005 erscheinenden Album heißt es: "I'm still attracted to my beautiful depression!".
Außer des Geisteszustandes hat sich jedoch zwischenzeitlich einiges geändert. Wegen angeblich ausstehender Zahlungen verlässt Cage das Label Eastern Conference der langjährigen Freunde High & Mighty. Schnell findet er bei dem Vorzeige-Indie-Hip Hop-Label Definitive Jux ein neues Zuhause, was sich auch positiv auf seinen Arbeitseifer auswirkt. 2003 veröffentlicht er das Album "Weather Proof" und kurz darauf "The Conspiracy" - eine Art All Star Projekt aus dem Def Jux-Umfeld unter dem Alias Weathermen. Mit dabei sind Camu Tao, El-P, Aesop Rock, Yak Ballz, Tame One, Breeze, und Vast Aire.
Die oben schon erwähnte dritte Solo-Platte trägt den Titel "Hell's Winter" und findet im Gegensatz zu "Weather Proof" und "The Conspiracy" bei den Kritikern großen Anklang. Musikalisch ausgereifter und eine Spur weniger am Rande des Wahnsinns präsentiert sich Cage im Jahre 2005. Das wissen die Kritiker zu schätzen und überhäufen die Platte mit guten Worten. Cages Welt ist zwar krank und düster wie eh und je. Angesichts der hohen Qualität seines musikalischen Outputs sieht die Zukunft aber rosiger aus.
2 Kommentare mit 24 Antworten
Wenn man seinen Facebook-Posts Glauben schenken mag, dann wird Cage in naher Zukunft ein neues Album als Sam Hill veröffentlichen. Ich meine, irgendwas vom "darkest hip-hop album ever" gelesen zum haben. Bin auf jeden Fall gespannt!
könnte interessant werden
Was ist eigentlich momentan das "darkest hip-hop album ever"? Wäre für Vorschläge offen.
The Black Album?
*badumtss*
Fear of a Black Planet?
*badumtss*
hoffe er macht wieder was zusammen mit sadistik, dessen werke zähle ich zu des affen angefragte richtung, auch der verstorbene eyedea hat viel beigetragen
Ja. Wobei mir beide noch zu "harmlos" sind wenn es um das düsterste Album geht.
Vielleicht Natas? Brotha Lynch Hung? Dälek?
beziehst du dich auf das textliche oder auch auf die musik an sich?
lynch hung liefert da tatsächlich beides, wohingegen ein sadistik seine texte auch mal im verträglich melodischen gewand verpackt
Die Lyrics sind schon wichtig, aber das Soundbild macht für mich den düsteren Charakter aus.
Sowas finde ich düster: https://www.youtube.com/watch?v=k2k3E7AyF84
Sowas verstehe ich unter vollkommener Düsternis:
https://www.youtube.com/watch?v=mbpkuLJPy9c
Ein paar Tipps in Richtung "vollkommene Düsternis" wüsste ich sehr zu schätzen!
Naja, Coathanga Strangla von BLH kommt dem doch schon ziemlich nahe, wie ich finde.
An "absoluter Düsternis" im HipHop-Instrumentarium (denn Düsternis kommt mE hauptsächlich vom Beat-/Synthgerüst) wäre ich ebenfalls anHorizonterweiterung interessiert!
Bisher zählt für mich bisher sowas hier als "düsterer" HipHop:
https://www.youtube.com/watch?v=go_GDg7pW0Q
https://vimeo.com/12056212
wie gesagt, hauptsächlich wegen jeweiligem Beat/Synth
Zwar alles andere als aktuell, aber rein vom Klangbild fand ich "III - Temples of Boom" ziemlich unterschätzt. Von Dälek, welches Soulburn hier bereits gepostet hat, kenn' ich die "Absence" und kann das Album auch uneingeschränkt empfehlen.
Kein Geheimtipp, aber lyrisch wie auch vom Klangbild ist auch Summertime '06 sehr düster und kommt immernoch auf viele Durchläufe bei mir.
Wenn es um Düsternis geht, kann ich einfach nicht anders, als in verblendeter Fanboymanier DJ Shadow einzuwerfen, obwohl man vieles von ihm getrost zum Trip Hop zählen kann. Wenn ich den nachts und draußen auf den Ohren hab, fühlt sich jede Straße wie eine versiffte, in grelles flackerndes Halogenlicht gehüllte Crackhöhle an.
https://www.youtube.com/watch?v=CNk7PN2bV34
DJ Shadow und die Templesof Boom... hatte ich mich nicht getraut zu nennen, aus Angst,sofort von der ansässigen Bluthundszene als hängengebliebener Backpacker diffamiert zu werden
Aber das mein ich. Das ist für mich "vollkomene Düsternis" im hiphop'schen Klangkosmos.
Ich weiß, ist kommerziell ausgelutscht, aber das fand ich in Ästhetik, Klangbild und Vortrag auch perfekt düster:
https://www.youtube.com/watch?v=XSbZidsgMfw
Hier weiß jeder, dass ich genrefremd bin. Ich genieße vollkommene Narrenfreiheit.
Noch paar Schätze meiner Meinung nach:
$uiciedboy$:
https://www.youtube.com/watch?v=4jJyjdER0v4
Night Lovell:
https://www.youtube.com/watch?v=HTp5PH8ot6Q
Derek Wise (aka jedermanns Lieblings-Menschenhändler):
https://www.youtube.com/watch?v=oa-8GCk2yww
Greaf (der viel für Bones produziert)
https://www.youtube.com/watch?v=A9kn1g59LWo
cLOUDDEAD:
https://www.youtube.com/watch?v=lO04mjdel3U
...und natürlich alles von KA
https://www.youtube.com/watch?v=d1hDpufNXd0
Vielleicht passt SpaceGhostPurrp noch in die Reihe:
https://www.youtube.com/watch?v=csGyQXGO3jE
bin unterwegs, daher keine links, vllt später
btw die gravediggaz?
Joa, der Derek Wise-Track ist ne Punktlandung, finde ich. cLOUDDEAD erinnert mich an Grasscut's erste Platte, die DJ-Kicks Ausgabe mit Photek und das Joe Acheson Archipelago-Mixtape vom Hidden Orchestra...
Dank an den spacemonkey!
...und bei greaf echt ne Bassgitarre mit Chorus-Effekt als gewinnbringender Einsatz? Ist für mich auch Premiere
Ich würd noch das Psycho+Logical-Camp mit in die Runde werfen. Mr. Hyde, Goretex, Circle of Tyrants... Da ist schon einiger arg düsterer Shit dabei.
Vielen Dank an alle für die breite Auswahl! Werde mir in den nächsten Tagen alles mal anhören.
Oh, und die Death Grips natürlich! Hör ich zwar selbst nicht wirklich, aber das wenige was ich so mitbekommen habe ist schon verdammt dark.
https://www.youtube.com/watch?v=Orlbo9WkZ2E
Ansonsten natürlich Cage höchstselbst... "Music for the Blind" und "Kill the Architect" sind beide sehr düster, ersteres alledings nur textlich.
https://www.youtube.com/watch?v=s-Q5fhaHjqo
El-Ps Solo-Alben kann man dann gleich auch nochmal nennen (besonders das auch hier auf laut.de hochgelobte "I'll Sleep When You're Dead".
https://www.youtube.com/watch?v=nuYf2-B2wAc
Von Sadistik, der ja oben schonmal angesprochen wurde, kann ich nur nochmal die "Prey for Paralysis"-EP mit Kristoff Krane empfehlen! Sollte auch jedem gefallen, der mit düsterem Hip-Hop was anfangen kann.
https://www.youtube.com/watch?v=Q7843hDzzv8
Odd Future hätte ich hier auch nochmal genannt, allerdings wurden mit Earl Sweatshirt und Tyler schon die wichtigsten Protagonisten aufgezählt. MellowHypes "64" sei an dieser Stelle aber auch nochmal empfohlen.
https://www.youtube.com/watch?v=sWMOEVdXR2o
Und zuletzt sei jedem nochmal Alias' "The Other Side of the Looking Glass" ans Herz gelegt. Das ist zwar nicht dark im Horrorcore-Sinne und kommt ohne Gore- oder Schock-Inhalte aus. Die ganze Atmosphere ist aber so verdammt packend melancholisch und zieht einen unweigerlich mit sich.
https://www.youtube.com/watch?v=nOiK6YwyY44
Will dem Kollegen da in einem Punkt besonders beipflichten: Death Grips sind wichtig.
https://www.youtube.com/watch?v=y2cQvZPX3OY
Dieser Kommentar wurde vor 8 Jahren durch den Autor entfernt.