laut.de-Kritik

Mit Blumen im Gewehrlauf.

Review von

Das Album beginnt überraschend mit einem Chor und lässigen Handclaps. Edward Sharpe & The Magnetic Zeros legen ihr gleichnamiges drittes Album in die blumige Wiege der freien Entfaltung. Eine kleine Geschichte über Hippies, Kopfkino und die guten alten Zeiten.

Alex Ebert hatte eine Vision. Während er sich nach langer Drogenabhängigkeit in seine Phantasie flüchtete und seine Romanfigur Edward Sharpe zum Leben erweckte, scharrte er mit schönen Geschichten und noch schöneren Klängen eine Musikertruppe um sich, um der Welt und vielleicht auch sich selbst wieder einen Sinn zu geben - und ja, Retro-Hippiesound rockt unser Leben spätestens seit 2007.

Anders als die letzten beiden Alben des Kollektivs mutet der Auftakt mit "Better Days" eher soulig an, ansteelle zackiger Hymnen fürs Lagerfeuer. Auch die Tracks "Let's Get High" und "Country Calling" erinnern eher an Creedence Clearwater Revival, als an seeliges Händchenhalten. Erste Ansätze für diese Neuorientierung gab es bereits auf der letzten Platte mit Songs wie "That's Whats Up". Zusammen mit der diesmal groß angelegten Instrumentierung erscheinen beispielsweise "Two" ("Two voices carry farther than one / Together we can bridge a chorus to the dawn.") aber nicht wie Hymnen der 70er, sondern wie ein saftiges Stück Musical.

"They Were Wrong" überrascht schließlich mit einer neuen Stimme. Elegant schlingert der weiche Bariton durch galoppierende Klänge. Und bevor uns das balladeske "Remember To Remember" mit einer wunderschön sanften Frauenstimme umarmt, singt uns die Kapelle noch ein Lied über den Sommer, als würde man das Eis persönlich in Händen halten.

"Please!" fällt mittendrin wieder in altbekannte Muster zurück und postuliert mit langsamem Rhythmus, hallender Mehrstimmigkeit und lässiger Gitarre wunderbar gute Laune. "If I Were Free" erinnert dagegen fast schon an einen Santa Esmeralda-Klassiker. "In The Lion" evoziert die Vorstellung eines streunenden Löwen in der Savanne. Moment – vielleicht sollten Edward Sharpe & The Magnetic Zeros bei dieser ständigen Bilderflut tatsächlich mal über ein Musical nachdenken.

Doch leider verliert sich die dritte Platte des Hippiekollektivs in eben solch endlosen, wenngleich rührend aufgezogenen Bilderwelten. Die meisten Songs wirken lediglich textlich und auf spiritueller Ebene ausgeklügelt. "This Life" bestätigt zusammen mit dem Sing-A-Long "When You're Young" die blumengeschmückte Berg-und-Tal-Fahrt zwischen Blumen in Gewehrläufen und überekstatischem Rumgehüpfe.

Insgesamt halten Edward Sharpe & The Magnetic Zeros mit dem selbstbetitelten Album zwar ihr Versprechen der akustischen Nostalgie. Viel mehr steigen sie jedoch hinab in die Gefilde der freien Liebe und zeigen, dass man sich selbst als Retroband noch weiterentwickeln kann. Gerade für Fans von "Up From Below" könnte das gefährlich werden.

Trackliste

  1. 1. Better Days
  2. 2. Let's Get High
  3. 3. Two
  4. 4. Please!
  5. 5. Country Calling
  6. 6. Life Is Hard
  7. 7. If I Were Free
  8. 8. In The Lion
  9. 9. They Were Wrong
  10. 10. In The Summer
  11. 11. Remember To Remember
  12. 12. This Life
  13. 13. When You're Young

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