laut.de-Biographie
Hubert Kah
Hubert Kemmler alias Hubert Kah ist ein ebenso schillernde wie tragische Figur in der deutschen Musiklandschaft. Ein Hauptakteur der Neuen Deutschen Welle, erfolgreicher Komponist und Produzent für andere sowie unverwechselbar in seinen Solo-Momenten. Bei alledem leider geschlagen mit einer furchtbaren Krankheit.
Die frühen Jahre Kahs verlaufen eher konventionell. Der musikaffine Spross aus dem industriellen Familienclan Kemmler (BEKA-Schnellkochtöpfe) schlägt zunächst eine juristische Laufbahn ein, die er zum Glück schon bald zu den staubigen Akten legt. Showbiz, Band und der Traum vom Popstartum erweisen sich als weit stärkere Zugpferde.
Kahs Talent als Songwriter, Arrangeur und Texter liegt weit über dem Durchschnitt. Er hat ein Händchen für zwingende Ohrwürmer und Gassenhauer-Slogans. Oft entwickelt Kah seine Wave- und Pop-getriebenen Perlen aus Blues-Schemata, die man hinterher zwar nicht direkt hört. Seine Songs indes erhalten dadurch - bei aller Luftigkeit - einen vollen, körperlichen Spirit, der sie erdet und vor genau jenem Abdriften gen Klamauk rettet, dem so viele NDW-Kollegen erlagen.
So ist es beileibe kein Wunder, dass seine frühen Monsterhits wie "Rosemarie" oder "Sternenhimmel" (beide von 1982) mittlerweile unauslöschlicher Teil des kollektiven Musikgedächtnisses in Deutschland sind. Kahs exzentrische Bühnenoutfits - vom Nachthemd bis zur Zwangsjacke - tragen das Ihre zu Erfolg und gelungener Irritation bei.
Ab 1984 ergibt sich eine fruchtbare künstlerische Beziehung zu Michael Cretu. Kahs grandioses Album "Goldene Zeiten" samt Evergreen "Engel 07" ist nur eine der zahlreichen hochklassigen Veröffentlichungen dieser Periode. Gemeinsam produziert man auch Cretus erfolgreiche Gattin Sandra. Kah selbst schreibt der Popqueen diverse Hits auf den Leib (u.a. das berühmte "Maria Magdalena") und übernimmt Teile der charismatischen Backing-Vocals.
Nebenher erweitert er das eigene Repertoire um englischsprachige Alben oder gibt den Produzenten/Co-Writer für Hits wie "Blue Night Shadow" (Two Of Us) oder Acts wie die Münchener Freiheit. Kah befindet sich auf dem besten Wege zum unersetzlichen Hansdampf aller Popgassen. Leider schlägt an dieser Stele das Schicksal erbarmungslos zu.
Kahs zeitlebens erlittene Depressionsschübe verschlimmern sich zusehends. Die Krankheit reißt ihn bis heute immer wieder aus Kunst, Karriere und Privatleben gleichermaßen heraus. Abstürze und Aufenthalte in der Psychiatrie bereiten dem Höhenflug ein jähes Ende, bei dem Kah ums pure Überleben ringt. Erst nach Entdeckung eines für ihn biochemisch essentiellen Medikaments gelingt ihm die Rückkehr in ein zumindest in Teilen normales Leben.
Seine Longplayer erscheinen ab hier nur noch vereinzelt und in großen Abständen. Sobald er jedoch etwas auf den Markt wirft, ist das Produkt jedesmal erstaunlich. Stilistisch hat er mittlerweile eine Bandbreite erreicht, die bis zum Einbauen klassischer Elemente reicht ("Seelentaucher"). Stimmlich pendelt er oft zwischen dem Conferencier in "Cabaret" und der gehobenen Theatralik Kinskis. Textlich reicht die Spannweite vom typischen Popfabrikant bis hin zum Storyteller oder Alltagsphilosophen.
2016 erscheint mit "Rock Art" ein besonderes Comeback-Album. Neben einem Duett mit dem alten Kumpel Joachim Witt zelebriert er ein selbstbewusstes wie selbstironisches Schaulaufen seiner vielfältigen Qualitäten. Auch die Texte geben sich offensiv und sensibel gleichermaßen. Es bleibt mithin dabei: Er ist nicht oft vorhanden. Sobald er jedoch auftaucht, dann stets in künstlerischer Hochform.
2 Kommentare
Dieser Kommentar wurde vor 8 Jahren durch den Autor entfernt.
Leider wird an keiner Stelle dieser Biographie erwähnt, dass Hubert KaH in den 80er Jahren eine Band war. Sehr schade, dass dieser Fakt völlig unerwähnt bleibt, denn die entsprechenden Alben dieser Zeit - von "Meine Höhepunkte bis hin zu "Sound Of My Heart" - sind allesamt ein Produkt des großartigen Dreiergespanns bestehend aus Hubert "Kah" Kemmler, Klaus Hirschburger und Markus Löhr. Erst gegen Ende 1989 löste sich die Formation auf und Hubert Kah wurde zum Solo-Künstler. 1996 veröffentliche er dann mit dem selbstbetitelten Album "Hubert Kah" seine erste Solo-CD.