laut.de-Kritik
Ein flirrender Traum in der Mittagshitze.
Review von Kerstin KratochwillOhne große Ankündigung und Social Media-Marketing erscheint das vierte Album des introvertierten Wunderkindes James Blake, dem stets der Ruf eines Genies vorauseilt. Dass sich Schüchternheit und Ehrgeiz aber nicht ausschließen müssen, zeigt "Assume Form" auf subtile Art.
Bereits der erste Track fängt den Hörer Schicht für Schicht, Fragment um Fragment ein: Das titelgebende Intro gleicht einer neoklassischen Wendeltreppe, auf der sich Blakes markant melancholischer Gesang geradezu emporwindet. Doch bei dieser fast schon hingeworfenen Kunstübung bleibt es nicht.
Direkt im Anschluss spielt Blake mit kontemporärem Neo-Soul: in "Mile High" mit leichtem Autotune und Travis Scott sowie dessen Produzenten Metro Boomin und extrem lässig in "Tell Them" feat. Moses Sumney/Metro Boomin. Dasselbe gilt für den Klavier unterstützten Rapwirbel "Where's The Catch" mit André 3000. Das Duett "Barefoot In The Park" mit Rosalia kommt schließlich als dekonstruierter Latin-Flamenco-Sommerhit daher - so flirrend und schläfrig wie eine dösende Katze in der Mittagshitze.
Und genau so fühlen sich die meisten Tracks an, in denen Blake alleine zum Mikro greift. Titel wie "Can't Believe The Way We Flow" oder "Lullaby For My Insomniac" könnten dieses somnambule Grundfeeling nicht besser einfangen. Gäbe es da nicht die mit Gaststars gespickten druckvollen Ausnahmen wie "Power On", "Assume Form" drohte ins Plätschern abzugleiten. Blake wehrt derlei Gefahr aber souverän ab: In "Don't Miss It" driftet seine Stimme plötzlich in Prince-Gefilde, während eine hohe Frauenstimme im Hintergrund für eine gespenstische Atmosphäre in dem minimalen Pianostück sorgt.
Mit dem ätherischen Outro "Lullaby For My Insomniac" kreiert er schließlich nicht nur den wohl schönsten Songnamen des Jahres, sondern löst auch den besagten Widerspruch zwischen Ehrgeiz und Schüchternheit vollends auf. Denn wer sonst könnte der eigenen Schlaflosigkeit ein Schlaflied in solch perfekter Erhabenheit vorsingen?
3 Kommentare mit 5 Antworten
Uff, die andre3000-nummer gehört zum besten dieses jahr.
Das ist mir scheißegal, ob er jetzt in L.A. wohnt, frisch verliebt ist und er die Sonne, die ihm fett aus dem Arsch scheint, bis in seine jüngsten Produktionen hinein strahlen lässt... James Blake zeigt mit diesem Album mE vor allem, dass er zu jenem Cluster Künstler*innen zählt, die nur liefern, wenn's ihnen richtig dreckig geht.
Gehört 2/5
Hat er nicht unrecht. Im Vergleich zu Overgrown juckt das hier keine Sau: es tut keinem weh, ist aber auch völlig belanglos.
Bist schlecht ins Jahr gestarten hm?
Jo, ich hab doch beim Foals-Albenvorgeschmack schon gesagt, dass die schlechte Laune hauptsächlich an enttäuschten musikalischen Erwartungen hängt und nicht etwa eben diese schlechte Laune zuerst da war und jetzt bedingt, dass ich neue Musik derzeit nicht angemessen wertschätzen könnte! Kann ich doch nix für, dass gerade gleichzeitig mehrere von mir eigentlich (sehr) geschätzte Acts verkacken
Hab aber z.B. auch die Spidergawd noch nicht gehört, sooo...
Etwas fragil sich davon die Laune diktieren zu lassen gönn dir mal ne Runde Spaß. Vielleicht ja mit spidergawd
Aua, so übel ist das Album nun auch nicht
Mein Lieblingsalbum von ihm bisher.