Die ARD macht einen Rückzieher und schickt Naidoo doch nicht zum ESC. "Absurd", findet Grönemeyer.

London/Mannheim (kol) - Auf den Shitstorm folgt der Shitstorm: Nachdem die Reaktionen auf die Nominierung Xavier Naidoos für den Eurovision Song Contest 2016 in Stockholm heftiger ausfielen als erwartet, zog die ARD ihren Vorschlag wieder zurück. Selbst die eigenen Mitarbeiter wehrten sich gegen die Entscheidung der Rundfunkanstalt: ARD-Redakteure verfassten einen Brandbrief, in dem sie forderten, die Wahl für den deutschen Vertreter beim ESC zu korrigieren. Unter diesem Druck brach die Rundfunkanstalt ein und ruderte zurück: Naidoo ist raus aus dem Singwettbewerb.

Der Eiertanz der ARD ruft nun Befürworter Naidoos auf den Plan, die das Vorgehen der ARD scharf kritisieren. Prominente wie Til Schweiger und Atze Schröder solidarisierten sich via Facebook mit dem Sänger.

Nun äußerte sich auch Herbert Grönemeyer zu der ESC-Posse: "Der NDR konnte sich glücklich schätzen, so ein Kaliber wie Xavier für seine Eurovision gewonnen und überredet zu haben. Was jetzt auf seinem Rücken für ein absurdes Theater abgefertigt wird, ist unverständlich."

"Wir brauchen keine Gesinnungspolizei"

Der 59-Jährige bestritt außerdem die Vorwürfe gegenüber Naidoo, schwulenfeindlich und rechtsorientiert zu sein. Naidoo sei "weder homophob, noch rechts und reichsbürgerlich, sondern neugierig, christlicher Freigeist und zum Glück umtriebig und leidenschaftlich", so Grönemeyer. Die negative Berichterstattung über Naidoo verurteilt Grönemeyer ebenfalls: "Wir brauchen keine Gesinnungspolizei oder Meinungsüberwachung, sondern hoffentlich 80 Millionen verschiedene Köpfe und Wahrheiten. Solange niemand davon verhetzt, verunglimpft, verletzt oder ausgegrenzt wird, ist das Kultur."

Der NDR konnte sich glücklich schätzen, so ein Kaliber wie Xavier für seine Eurovision gewonnen und überredet zu haben....Posted by Herbert Grönemeyer on Dienstag, 24. November 2015

Die Entscheidung, Naidoo zum ESC zu schicken, entpuppte sich als mediales Debakel für die ARD. Das Bewusstsein für die Umstrittenheit des Sängers fehlte den Verantwortlichen ebenso wie ein souveräner Umgang mit der Situation. Letztendlich schadet die Farce vor allem dem Song Contest im nächsten Jahr und Naidoos Nachfolger, den die Öffentlichkeit nun um so kritischer aufnehmen dürfte.

Fotos

Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo

Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Alex Klug) Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Alex Klug) Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Alex Klug) Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Alex Klug) Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Alex Klug) Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Alex Klug) Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Alex Klug) Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Alex Klug) Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Lisa Wassmann) Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Lisa Wassmann) Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig)

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11 Kommentare mit 33 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    Dieser Kommentar wurde vor 9 Jahren durch den Autor entfernt.

  • Vor 9 Jahren

    Drehen die jetzt langsam durch?

    "weder homophob, noch rechts und reichsbürgerlich, sondern neugierig, christlicher Freigeist"

    Also wenn ich auf Reichsbürger/Nazisdemos als Redner auftauche bin ich neugierig? Evtl. sollte Naidoo einfach mit Grönemeyer und Störkraft auftreten.

    • Vor 9 Jahren

      schwer zu sagen.glaube nicht, dass nach all dem tamtam der herbert noch mit dem xavier will.
      und ob ein in aussicht gestelltes gemeinsames musizieren seitens naidoos störkraft zu einer reunion bewegen würde, halte ich auch für äußerst fraglich.

    • Vor 9 Jahren

      korrigiere mich hinsichtlich herbert grönemeyer.
      war zu diesem zeitpunkt noch nicht über dessen neueste aussage zur person naidoo informiert.

  • Vor 9 Jahren

    ich bin ja ein großer freund des trennens zwischen kunst und künstler. das ist jedoch nicht in jedem fall möglich.

    klar, es ist naiv und unangebracht, vom künstler stets die rolle unfehlbaer vorbildhaftigkeit zu erwarten. dies ist lediglich ausdruck der sehnsucht nach einem tadellosen idol und damit projektion. die meisten künstler haben jedoch auch keinen besseren charakter als ihre fans. warum auch?

    insofern lautet die entscheidende frage: kann die kunst für sich allein stehen?

    oft kann sie es:

    - kinski war womöglich ein sexualverbrecher. das hat jedoch nichts mit filmen wie fitzcar5raldo, nosferatu, cobra verde etc zu tun.
    - dali liebäugelte womöglich zu sehr mit dem franco-regime. das entwertet seinen surrealismus und die kunsthistorische bedeutung jedoch nicht.
    - caravaggio war womöglich ein mörder. ändert nicht die bedeutung seines werks.
    und
    - roger waters und eno betätigen sich als einseitig verurteilende boykottgeile antizionisten. das schmälert jedoch weder pink floyd, roxy music noch die geniestreiche beider solo.

    problematisch wird es erst, wenn die kunst selbst politisch, missionarisch und agitativ eingesetzt wird.
    bei leuten wie arno breker oder riefenstahls "triumph des willens" kann man eben nicht mehr trennen, da sie teil der miesen bewegung ist.

    und genau hier macht naidoo es einem nicht leicht. er nutzt ja bewusst texte ("warum liebst du keine möse") oder auftritte (reichbürger-wahnwichtelgigs) zum zeigen der flagge.

    seine christlich-fundamentalen zeilen wären zum teil der stolz jeder missionarisch-homophobenen freikirche in den staaten. wie soll man hier noch zwischen kunst und künstler trennen?

    entweder ist grönemeyer hier nicht intelligent genug, das gesamtbild zu sehen oder er ist nicht sensibel genug. beides mag ich eigentlich nicht glauben. eines muss es wohl leider sein. finde ich etwas schade.

    • Vor 9 Jahren

      Ich würde noch mehr behaupten über die Figur Naidoo
      http://hpd.de/artikel/12454
      KenFM zählt er wohl auch zu seinen Freunden.

      Naidoos Manager hat mein Mitleid. Da hat er einen der efolgreichsten Popstars Deutschlands, aber gleichzeitig muss er ihm eigenelich einen Maulkorb anlegen.

    • Vor 9 Jahren

      ken fm, der randall flagg der wahnwichtel....

    • Vor 9 Jahren

      Ulf, deine Grenze ist genauso arbiträr wie jede andere. Ich finde diese Argumentation beiderseitig völlig fehlplatziert. Wenn ich behaupte, dass Naidoo mit seiner öffentlichen Person nur provozieren will, kann mir niemand das Gegenteil beweisen. Die eigentliche, sehr mundane Frage ist doch: Fühlen sich die Interessierten, Verantwortlichen und Berufsempörten mehrheitlich von dem, was Naidoo darstellt und aus der Lunge leiert, gut vertreten?

    • Vor 9 Jahren

      Ich fasse das mal in wenigen Worten zusammen. ;)
      Gefällt mir = Der darf das alles.
      Gefällt mir nicht = Buh!

    • Vor 9 Jahren

      ich versteh deine frage nicht. erklär mal bitte. ich versuche ja, strukturell zu argumentieren.

      abgesehen davon: man landet doch immer bei der grundfrage, wie weit man kunst von künstler trennen kann, darf, soll, muss.
      was spricht dagegen, dort die grenze zu setzen, wo kunst nicht mehr für sich allein steht, sondern zum instruent der agitation wird?
      und wenn was dagegen spricht, was ist dann die alternativ bessere grenze, tinco?

    • Vor 9 Jahren

      @sven: so kann man das natürlich auch zusammenfassen :D

    • Vor 9 Jahren

      :D

      Pathologisch.

      (Die Frage, wann Kunst nicht mehr für sich alleine steht, ist der Sprung tiefer in den Kaninchenbau)

    • Vor 9 Jahren

      das würde ich bestreiten. obwohl dein satz verdammt geil klingt.
      im gegenteil: die frage ist notwendig, um kultur und kunst vor hexenjägern einerseits und rattenfängern andererseits zu schützen.
      es gibt doch a) zu viele stimmen, die nach waters boykottappell oder dem fall kinski anfingen,
      "wer etzt noch pink floyd hört oder agguire schaut, ist ein ignorant!"
      und andererseits zu viele verharmloser, die propaganda-kunst des faschismus a la breker etc vollkommen unbedenklich hofieren.

      da fängt mein kriterien- und definitionsgeiles juristenhirn natürlich an, ein korrektiv, eine pholosophisch tragbare methode/leitlinie zu suchen.

      wenn das pathologisch sein soll, bin ich sehr auf die alternative gespannt, Tinc'.

    • Vor 9 Jahren

      Meine ausschweifenden Tänze um den Kern der Sache nannte ich 'pathologisch'. :D

      Der Gesetzgeber macht ja (halbwegs) klar, wo die Grenzen liegen. Für alle anderen Fälle habe ich meine Eigenen, die ich zwar vertrete, aber nicht verallgemeinere. Würdest du Brekers Werk verbieten wollen?

    • Vor 9 Jahren

      goth bewahre....nein...natürlich nicht....gibt ja gründe, warum ich anwalt und nicht staatsanwalt wurde. verbieten halte ich für falsch, anreizschaffend und doof tabuisierend. repression hat immer was hilfloses, finde ich.
      zensur halte ich für den ganz falschen weg. erst ab dem moment strafrechtlicher relevanz (volksverhetzung etc) kann man mit mir über verbote reden.