laut.de-Kritik
Punkrock - postmodern und mit Biss.
Review von Ingo ScheelNanu, ein Hidden Track von Thom Yorke als Intro, ein Überbleibsel aus dessen verspuktem "Suspiria"-Soundtrack etwa? Nein, natürlich nicht. Selbst, wenn sich das Geisterpiano als Auftakt zum neuen Pascow-Album ein wenig danach anhört.
Nach einer halben Minuten Ebenholz und Elfenbein geht es schließlich mit "Silberblick & Scherenhände" so richtig hinein in das neue Epos Marke Gimbweiler. Und wenn man direkt weiter assoziieren darf, könnte man auf das schimmernde Grundriff ziemlich prima "Was wollen wir trinken?" von Bots mitsingen - natürlich nur, bis alles zusammengebrüllt wird. Bevor jedoch überhaupt das erste Mal gesungen wird, schießen Pascow in einer Minute Break-Bretter und Parts aus der Hüfte, aus denen andere Bands mindestens eine E.P., eine gute, drechseln.
Das Schöne dabei ist, dass die Band den Spagat aus Raffinesse und Eingängigkeit überzeugend durchdrückt. Das Titelstück im Anschluss vermählt postmoderne Dringlichkeit aus jener Druckkammer, in der auch Bands wie Lygo, Turbostaat und Fjørt ihre geschwollenen Halsschlagadern kühlen.
Mit "Marie" windet sich zunächst ein NDW-Beat von 1981 nach vorne, bevor der Song in einen Fake-Ska verfällt: Fast folkig galoppierend, wie zwischen den Bauwagen eines alternativen Wohnprojekts am Stadtrand irgendeiner Metropole aufgenommen, während im Hintergrund die Serbische im Kessel dampft und irgendjemand Holz für den Abend hackt.
"Kriegerin" kommt als aufwühlender Punkrock-Schmacht mit englischen Versatzstücken und klarem Luftgitarren-Imperativ. "Die Backenzähne des Teufels" ist als Miniatur-Spaghetti-Western insteniert - passenderweise gefolgt von "Unter Geiern", einem Postpunk-Biest mit prähistorischem Crass-Zitat: "... do they owe us a Living?".
"Treck der Toten" ist dann eine Nummer fürs Best-of-Mixtape, während "Schmutzigrot" selbstbewusst am Rande des Kitsches wandelt. Mit "Wunderkind" schließt sich am Ende der Kreis: Wieder bestimmen Klavierakkorde das Bild, bevor es aufrührerisch und emotional wird: ein dezenter Wink in Richtung Grant Harts Hüsker-Dü-Klassiker "No Promise Have I Made".
Weniger kryptisch als die Vorgänger, dabei sehr stramm produziert und auf den Punkt arrangiert, ist "Jade" nicht weniger als was der Albumtitel verspricht, ein Edelstein. Pascow spielen Punkrock der Postmoderne, und das mit Biss.
9 Kommentare mit 3 Antworten
Klasse Teil, auch wenn viele Fans bemängeln, dass die Texte ja jetzt zu einfach zu erschließen seien. Fand Wunderkind als es als Signle rauskam etwas zu viel des Guten, aber im Albumkontext als Rausschmeißer kann man es sich geben.
Allein der Vers "Silberblick und Scherenhände" hat mehr Tiefgang als 90% aller (Punk)Rocksongs überhaupt.
Wunderkind ist ganz viel Glycerine von Bush, ohne Refrain.
Wird bei jedem Hören besser. Eigentlich müsste es zu jedem Song so ein Erklär-Video geben, weil ohne erschliessen sich mir die Texte auch weiterhin nicht.
Wer diese Band mal Live gesehen hat, braucht die Texte auch nicht, es ist die pure Energie, gepaart mit unglaublich griffigen Riffs, die einen nicht mehr los lässt.
Stopp! Rückwärtsgang...das schau ich mir genauer an
insgesamt wirklich ganz manierlich ausgefallen, steigerung war nach dem strunzlangweiligen "diener der party" album aber auch bitter nötig.
dennoch, an ein "alles muss kaputt sein" oder "nächster halt gefliester boden" reicht es nicht heran, dafür sind dann doch 1-2 filler zuviel auf dem teil.
Schrecklich gezwungenes Review zum Album. Die erste Hälfte liest sich ja noch recht gut, aber danach hatte der Rezensent wohl weder die Zeit noch die Lust, genauer auf die Songs einzugehen (oder sie gar zu hören...?). Schade!