laut.de-Biographie
Prefuse 73
"Ich bin nicht sicher, wie viele Platten ich veröffentlicht habe, aber meine Musik ist meine eigene Interpretation von Hip Hop. Was er für mich in seinen unterschiedlichen Formen ist." Aber Hip Hop ist natürlich längst nicht alles: Elektroakustik mit Piano Overlord, Psychedelic als Delarosa oder Folk mit Savath & Savalas - Guillermo Scott Herren kriegt irgendwie alles unter einen Hut. "Die vielen Aliase geben mir eine Form der Separierung. Ich kann für alle Aliase schreiben und produzieren, ohne mich selbst bloßzustellen."
Die letztlich treibende Kraft ist und bleibt jedoch immer der Hip Hop. So auch bei Prefuse 73, seinem bekanntesten und erfolgreichsten Pseudonym. Als Pionier und Avantgarde-Künstler zählt er allenthalben, als "Cyborg, der in einer Zeitfalle irgendwo zwischen dem Soul der 70er und dem Vintage-Hip Hop der Matronix-Ära der mittleren 80er" gefangen ist, wie Pitchfork 2005 umschreibt. Vier Jahre später wählt ihn das Online-Magazin betterpropaganda.com sogar zum "Artist of the Decade".
Seine Musik sei emotional und ehrlich, und obwohl sie so unterschiedlich klinge, sei sie durchweg voller Soul, heißt es in der Begründung. Es ist die experimentelle Vermengung verschiedenster Stile, die die Kritiker so begeistert. Hip Hop ist beim Prefuse-Projekt kein Mittel sondern Selbstzweck, der Kit zwischen Elektro, Indierock, Folk und allem Erdenklichem - kurz: it's Abstract Hip Hop.
Aus der Experimentierfreudigkeit erklärt sich auch sein Name: "Der Name leitet sich von der Prä-Fusion-Ära von 1973 ab, die Musikperiode, deren Aufnahmen ich am liebsten sammle und höre. Leute wie Alice Coltrane, Gill Anderson und Cheryl Sanders repräsentieren das wohl am besten. Musiker, die mit neuen Sounds experimentierten und völlig in ihrer Musik aufgingen. Sie veränderten die Art, wie die Leute Jazz hörten und aufnahmen. Als ich begann, Hip Hop als Prefuse zu machen, dachte ich, dass da sehr viele Ähnlichkeiten bestanden. Damals, Mitte der 90er, wurde Hip Hop immer wichtiger, man probierte neue Dinge aus und die Lage der Musikindustrie verschlechterte sich, so dass die Leute ihre Angelegenheiten selbst regelten und Labels wie Def Jux entstanden."
Geboren wird Guillermo Scott Herren erst ein paar Jahre später, 1976 in Atlanta, als Sohn eines Katalanen und einer US-Amerikanerin irisch-kubanischer Abstammung. Die Mutter schleift ihn zu Jazzkonzerten, die Schwester macht ihm Bad Brains und Dischord-Geschichten wie Fugazi schmackhaft. Nebenbei ergreift ihn die Oldschool: Fat Boys, Kurtis Blow, Rakim. Später zieht es den jungen Scott Herren in den Big Apple, bevor er in das Heimatland seines Vaters, nach Barcelona, übersiedelt.
Seither springt er unaufhörlich zwischen der neuen und der alten Welt umher und versucht, die unterschiedlichen Kreativitäten, die die verschiedenen Wohnorte mit sich bringen, zu kanalisieren: "Savath und andere Projekte dieser Richtung funktionieren in Spanien. Für Prefuse, also Beatsbauen und so Zeug, brauche ich eine andere Umgebung. 'Extinguished' habe ich in Atlanta gemacht, und es hat funktioniert, weil es da eben vergleichsweise chillig ist. In New York saß ich in einer Einzimmerwohnung mit Küche, um "Sorrounded By Silence" zu produzieren." Letztlich ist Hip Hop wohl tatsächlich nicht alles. Aber in Guillermo Scott Herrens Welt ist irgendwie alles Hip Hop.
Noch keine Kommentare