laut.de-Kritik
Zu viel Drama, zu wenig Beigabe.
Review von Katja ScherleDas Leben ist kein Wunschkonzert. Reamonn allerdings bringen das Dasein des geneigten Hörers allerdings auf ihrer neuen DVD "Wish Live" für eine Stunde zumindest in die Nähe eines solchen. Auf ihrer "Wish"-Tournee ziehen sie in der ersten Hälfte dieses Jahres eine Schneise aus großen Gefühlen und zeitweise sogar recht großem Rock durch die Republik.
Durch ein arabeskes Menü-Artwork gelangt man zu einem nach Tracks geordneten Februarabend in der Oberhauser Köpiarena. Gleich zu Beginn steht die Aufforderung an das Publikum, die Band mit Klatschen zu begrüßen, nachdem Sänger Rea in seiner typischen Denglisch-Melange einen guten Abend gewünscht hat. Rhythmisch begleitet von mehreren tausend Händen nutzt er sofort die drei Ebenen der Bühne, um von verschiedenen Orten aus die Fans zu besingen.
Leider kommt dabei kein anständiger Live-Ton rüber. Nur in Stereo hält sich die Klangqualität der DVD in Grenzen. Dennoch ist gegen den originalen Bühnenklang scheinbar nichts einzuwenden. Zumindest nennen Reamonn Fans ihr Eigen, die inbrünstig mitsingend fast jede Soundsünde ohnehin vergeben.
Wie im Intro des nachfolgenden "Come To Me" werden Songs oftmals ausgedehnt und dazu genutzt, die Anwesenden am Bühnengeschehen teilhaben zu lassen. Ob in einer erneuten deutsch-englischen Begrüßung oder der Aufforderung zum Singen von vorgegebenen Melodien. Das gestalten Reamonn übrigens recht anspruchsvoll: Die Weise, die Rea sein Publikum nachsingen lässt, ist ziemlich komplex. Das Publikum meistert das souverän. So entsteht zusammen mit der Band ein äußerst wohlklingender Teppich, der mehrfach unter die aktuelle Single "Serpentine" gelegt wird.
Dem heimischen Zuschauer wird allerdings eher standardisierte Teilhabe angeboten. So gewähren zwar Splitscreen-Einstellungen mehrere Blicke auf ein- und dieselbe Situation. Dennoch wünscht man sich öfter eine unkonventionelleren Blick auf die Bühne, die etwa der Zoom auf Keyboard-Tasten und Finger leider nur ab und zu erlaubt. Konventionell auch die Bühnengestik von Sänger Rea. So ist er fortlaufend damit beschäftigt, pathetisch Arme und Rücken zu strecken. Was gezielt eingesetzt durchaus als seine persönliche Bühnenpräsenz gelten könnte, wächst sich im Laufe des Konzert zum inflationären Drama aus.
Im Publikum fließen beim Duett mit Lucie Silvas Tränen, es wird beglückt mitgesungen – es muss also reichlich Gefühl im Raum geschwebt haben. Dennoch wären weniger steril-emotionale Barhockerbühnenmetaphorik und mehr ehrliche Gesten schön gewesen. Im mitreißenden Gitarren- und Klaviersolo von "Sometimes" zeigen Reamonn, dass sie das eigentlich können.
Erst die Zugabe "Alright" verbreitet richtig authentische Konzertgänsehaut. Auf einer zweiten kleinen Bühne im Publikum kredenzen Rea und Gitarrist Uwe eine akustische Version der Ballade. Hier kommt zum ersten Mal herzliche Wahrhaftigkeit auf.
"A bisserl mehr" hätte "Wish Live" allerdings schon bieten dürfen. Zum fast zu forsch zwischen den Tracks geschnittenen Konzert gibt es die etwas barockere "Movie"-Version. Die scheint aber eher verlegen aufgepumpt mit Füllmaterial wie kleinen Interview-Schnipseln, Backstage-Aufnahmen und Off-The-Record-Beigaben. Selbst die obligatorische Zugabe muss, groß als "Bonus" angekündigt, erst im Menü separat angeklickt werden. Weniger Pathos im Konzert, mehr Beigaben danach wären wünschenswert gewesen.
1 Kommentar
Also ich bin schwer enttäuscht. Obwohl ich REAMONN schon zu meinen Lieblingsbands zähle. Die DVD kann mit der Vorgänger DVD "Raise your Hands" nicht mithalten. Im Jahre 2007 eine Konzert-DVD mit Stereo-Ton zu veröffentlichen, ist schon eine Frechheit. Und dann das lieblos zusammengeschnipselte Konzert... geht gar nicht. Nachsitzen! Besser machen.