21. Juni 2002

Die Götter lächelten auf uns herunter!"

Interview geführt von

Nach einem ansehnlichen Gig auf dem Dach des Saturn-Gebäudes in Hamburg, bei dem RHCP ihr am 8. Juli erscheinendes Album präsentierten, stellte sich Drummer Chad Smith unseren neugierigen Fragen zu dem neuen Album, der grassierenden Internetpiraterie, dem Einfluss des Krautrock und der Drogenvergangenheit gewisser Bandmitglieder.

Großartige Show, die ihr Jungs da abgeliefert habt!

Yeah, Mann! Freut mich zu hören, dass ihr Spaß hattet!

Ja, und es war das erste Mal, dass ich dieses Stück "Can't Stop" hören durfte. Das hat mich echt weg geblasen. Ein echter Funkrock-Brenner!

Jaja, wir haben's drauf mit dem Funkrock. Das ist halt unser Ding. Eigentlich war es gestern das erste Mal, dass wir dieses Stück live vor Publikum gespielt haben. Es war einfach großartig auf dem Dach zu spielen. Das hat uns viel Spaß gemacht. Und wir hatten ziemlich Glück, dass es nicht geregnet hat. Die Götter haben einfach auf uns herunter gelächelt! Mir waren da allerdings zu wenig Fans am Start. Man hat schon gemerkt, dass man hier vor der deutschen Musik-Journaille spielt. Da waren so ein paar Typen dabei, die einfach nur mürrisch rumstanden. Aber wir haben das ja nicht anders erwartet. Ich hätte lieber vor den Fans gespielt, die auf dem Dach des Gebäudes gegenüber abrockten!

Ich hatte gerade die Ehre, schon vorab in euer neues Album "By The Way" reinhören zu dürfen. Der erste Eindruck: Es klingt sehr intim und ruhig. Wie würdest du es beschreiben?

Ich glaube, das sind vielleicht die besten Songs, die wir je geschrieben haben. Wir haben uns diesmal von so viel Neuem beeinflussen lassen. Klar, die Leute erwarten immer diese Funkrockbrecher, und das ist ja auch ein Teil von uns. Aber wir vermeiden es, uns dauernd selbst zu wiederholen. Für jeden Künstler ist es wichtig, sich neuen Impressionen nicht zu verschließen. So gibt es jetzt viele unterschiedliche Stilrichtungen auf dem neuen Album. Alle unsere Alben hatten deshalb einen unterschiedlichen Sound, aber am Ende klingen sie doch alle nach Red Hot Chili Peppers. Das kommt daher, das diese vier einzigartigen, durchgeknallten Typen sich gefunden haben um diese Musik zu machen. Wir können glücklich sein, uns auf diesem Planeten getroffen zu haben. Das ist was Besonderes und wir sehen das nicht als selbstverständlich. Unsere Herzen sind weit offen und wir sind ehrliche Typen, die davon überzeugt sind, das Richtige zu tun. Und dieses Zusammengehörigkeitsgefühl schlägt sich auch auf das neue Album nieder. Es zeigt, wo wir uns gerade befinden.

Ja, Mann. Ich kann es kaum erwarten, bis das Teil im Laden steht. Ich hätte gerne jetzt schon ne Kopie.

Tja, da musst du wohl leider noch einen Monat warten. Weißt du, die Leute von der Plattenfirma sind ein wenig ängstlich wegen der Internetpiraterie und all dem Scheiß. Sorry!

Hast du persönlich auch Angst vor der Raubkopiererei?

Das Internet ist ein großartiges Werkzeug für jedermann. Aber wenn es um Musikmarketing geht, verstehen die Plattenfirmen keinen Spaß mehr, wenn dadurch die Verkaufszahlen herunter gehen. Ich persönlich würde die Platte gleich morgen rausbringen. Das sind halt Verkaufsstrategien ...

Letztes Jahr haben wir mit John gequatscht. Der hat uns vor allem von seiner Liebe zu den alten deutschen Rockern von Neu! und Can erzählt. Er sagte, diese Musik hätte großen Einfluss auf die neue Platte, die jetzt rauskommt. Stimmt das?

John ist ein Riesenfan dieser Musik. Ich glaube, dass alles, was uns im Leben je beeinflusst hat, irgendwann auch in unserer Musik heraus kommt. Vor allem natürlich musikalische Eindrücke. Aber du wirst keine direkte Verbindung hören, so dass man sagen könnte: "Oh ja, das klingt nach Can!", oder "das Teil klingt nach Kraftwerk!". Das kommt daher, weil hier vier Bäcker den ganzen Kuchen backen! Aber irgendwo im Unterbewusstsein schlummert das alles vor sich hin und irgendwie muss es ja auch nach außen dringen. Zum Beispiel in diesem neuen Song "Cabron" hört man ganz klar die Einflüsse der mexikanischen Kultur, die uns ja in L.A. sehr prägt und die das Leben dort so lebenswert macht. Das ist einfach ein Produkt unserer Umwelt, ein Teil von dem, was wir sind und wie wir leben.

Auf dem neuen Album liebäugelt ihr viel mit elektronischer Musik, vor allem bei dem Track "This Is The Place". Auf wessen Kappe geht das?

Ach, wir mögen eigentlich alle vier gerne elektronische Musik. Aber ich glaube, das geht vor allem auf John zurück. Er hat alle Instrumente auf seiner Soloplatte selbst eingespielt und wie du weißt, ist er ein großer Fan von Musik aus den 80er Jahren. Ja, das ist eine Art Dynamik, die John da in unser Album miteingebracht hat. Ich als Trommler halte nicht so viel von elektronischen Drums, obwohl wir sogar auch welche auf "The Zephyr Song" eingesetzt haben. Wir benutzen manchmal Johns Drummachine zum Jammen, quasi um uns warm zu spielen. Das ist eigentlich auch was Neues für uns und wir probieren immer neue Sachen aus, die uns herausfordern. Keep it fresh!

Habt ihr wieder in Fleas Garage gejammt, wie damals 1998 bei der Aufnahme zu "Californication"?

Nee, Flea ist umgezogen. Er hat ein neues Haus, leider ohne Garage! Wir sind dann in ein richtiges Probestudio umgezogen. Ihr müsst wissen: Wir sind nicht länger die Garagenband von früher! Wir sind jetzt erwachsen! (lacht)

Das neue Album wurde wieder von Rick Rubin produziert.

Yeah, Mr. Rick Rubin, indeedeedoo!

Wie kriegt er nach so vielen Jahren noch das Beste aus euch raus?

Rick lässt uns einfach uns selbst sein. Er versucht nicht, uns einen "Rick Rubin-Sound" aufzudrücken. Er lässt uns viel herum improvisieren und hilft uns dann später, aus diesen Fragmenten die Konsistenz des Songs heraus zu filtern. Er hat einen großartigen Musikgeschmack und ein geübtes Ohr. Er ist einfach ein witziger Typ. Außerdem sind wir natürlich jahrelang eng befreundet. Ursprünglich wollten wir diesmal mit jemand anders zusammen arbeiten. Aber als wir dann einen Haufen Material zusammen getragen hatten, fiel die Wahl dann doch auf ihn, weil wir wussten, dass er der richtige Mann ist, uns bei der Umsetzung zu helfen. Es ist immer gut, seine differenzierte Perspektive zu haben. Er kann sich immer gut in das Material einarbeiten und bringt dann großartige Ideen mit. Wir mögen ihn einfach. Er ist ein guter Kerl!

Wir wollten noch was über das Coverartwork wissen, das dieses Mal vom berühmten Filmemacher Julian Schnabel stammt. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

Julian ist außerdem ein sehr berühmter Maler. Ihr kennt ihn vielleicht nur vom Film, aber er arbeitete damals in Warhols Factory zusammen mit Basquiat. Die Verbindung entstand eigentlich deshalb, weil John mit Julians Tochter Stella verlobt ist. Julian hat sich unsere Platte angehört, dann angerufen und gesagt, er liebe dieses eine Lied so sehr. Er sang uns den Song dauernd auf den scheiß Anrufbeantworter. Er meinte, er sei total inspiriert und wolle unbedingt einen Beitrag zu der Platte leisten. Also haben wir ihn ausgesucht, das Artwork und die Fotos zu machen. Wir sind ziemlich glücklich und stolz mit der Wahl. Ich glaube, er ist ein großer Künstler.

Du wirst als Ruhepol der Band gehandelt, weil du dich immer aus den Drogengeschichten rausgehalten hast. Schöpft die Band auch aus ihren schlechten Erfahrungen?

Ja, sicher. Nach alle den Jahren zusammen haben wir heraus gefunden, dass die Chemie zwischen uns Vieren - John, Anthony Flea und mir - etwas sehr Spezielles ist. Davor haben wir das alles zu selbstverständlich hingenommen. Heute, da John wieder in der Band ist, wissen wir es mehr zu schätzen, was wir da haben. Wir sind einfach glücklich, zusammen Musik machen zu können. Wie lange das dauern mag, weiß ich nicht. Ich habe keine Kristallkugel, um in die Zukunft zu sehen. Aber im Moment sind wir alle sehr glücklich und vor allem gesund. Alles, was wir durchgemacht haben, hat uns nur wachsen lassen und uns zu den Musikern werden lassen, die wir heute sind. Von dem her glaube ich schon, dass alle diese Erfahrungen wichtig sind, um erwachsener zu werden.

Wir haben irgendwo gelesen, dass du an Fleas Musikschule unterrichtest.

Nein, ich habe bisher noch nicht unterrichtet. Aber ich habe ein Stipendium eingerichtet, für das Flea jedes Jahr einen Schüler auswählt. Da ich das Stipendium sponsere, muss es natürlich ein Drummer sein. Es geht darum, dem Kid zu ermöglichen, ein Jahr umsonst Trommelunterricht nehmen zu können. Aber ich werde ganz sicher noch an Fleas Schule ein paar Seminare halten, yeah! Das mit der Schule ist einfach eine Spitzenidee!

Wie viele Studenten gibt es dort?

Ich glaube, so um die 100 Leute. Es ist eine offene Schule für jede Art von Instrumenten.

Welche Vorkenntnisse müsste ich mitbringen, um dort aufgenommen zu werden?

Du musst Geld mitbringen! (allgemeines lachen) Nein ernsthaft. Du musst einfach ein aufrichtiger Musiker sein, naja, vielleicht nicht zu aufrichtig. Aber vor allem musst du jemand sein, der Musik machen und sein Instrument lernen will. Und zwar von jedem Level aus, ob du nun Anfänger oder Fortgeschrittener bist, egal. Es gibt Lehrer für alle verschiedenen Kenntnisgrade. Du musst einfach die Leidenschaft für die Musik mitbringen!

Chad, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast!

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