laut.de-Kritik
Die Techno-Legenden scheitern im Finale.
Review von Stefan MertlikIn einer Liga mit Elektro-Duos wie Daft Punk oder Justice spielen Underworld zwar nicht, am Aufstiegswillen mangelt es den beiden Briten auf ihrem elften Album "Strawberry Hotel" aber keineswegs. In 68 Minuten ballern sie eine Idee nach der anderen heraus - Techno als bloße Beschreibung genügt für diese Musik kaum.
Der Opener "Black Poppies" lockt auf die falsche Fährte: Eine sanfte Synthie-Melodie läuft im Loop, dazu singt eine Männerstimme motivierende Zeilen, die mit "You are, you are beautiful" enden. Keine Drums, kein Bass, mehr geschieht nicht. Im darauffolgenden "Denver Luna" zerstört die gleiche Stimme die Ruhe, indem sie ruft: "The strawberry jam girl!" Unmittelbar hämmert das Bumtschak los.
Und mit den Brüchen geht es im Laufe der 15 Stücke immer weiter. "Techno Shinkansen" - Titel Nummer drei - setzt statt auf Gerumpel auf Rooftop-Vibes mit einlullender Melodie. In "And The Colour Red" klingt der Synthesizer so, wie sich Sci-Fi-Autoren in den 1970ern Zukunftsmusik vorgestellt haben. Jedes Lied zeichnet sich durch einen eigenen Charakter aus.
Anders als Jamie XX, der zuletzt mit "In Waves" fast schon überfordert hat, zünden Underworld die Feuerwerke allerdings mit Bedacht. Ihre Ideen dürfen das Rampenlicht in voller Länge genießen. Selten müssen sie sich sorgen, dass sie nach wenigen Takten vom nächsten musikalischen Geistesblitz ihrer Erschaffer abgelöst werden.
Dass Underworld mit viel Gesang und Spoken Word arbeiten, schenkt dem Album eine zusätzliche Tiefe. Stücke wie "King Of Haarlem" werden durch den gesungenen Refrain sogar zu kleinen Ohrwürmern. Underworld haben mit Ansätzen wie diesen vermutlich den Anspruch, Hörerinnen und Hörer über das eigene Genre hinaus zu begeistern. Und das könnte klappen… wenn die Hörenden Durchhaltevermögen besitzen.
Spätestens nach dem zehnten Stück hätte Schluss sein müssen. Dass das Album sein letztes Drittel mit einer Acapella-Version des Openers startet, wirkt lahm. Das anschließende "Gene Pool" ermüdet mit seinen knapp zehn Minuten. "Strawberry Hotel" findet kein Ende und knabbert an der Aufmerksamkeitsspanne. Underworld geben sich Mühe, auf keinen Fall zu langweilen, tun es im Finale aber doch. Bis dahin bleibt jedoch ein Album, das als Favorit in die Relegation zur Liga von Daft Punk und Justice geht.
2 Kommentare
Underworld spielten mit "Dubnobasswithmyheadman" und "Second Toughest In The Infants" Mitte der 90er wohl eher eine Liga höher als Daft Punk und Justice mit ihren späteren Alben. Andererseits verstehe ich den Vergleich mit den beiden Bands nicht. Underworld haben einen völlig anderen Stil.
Der Kritiker scheitert am Review.