laut.de-Biographie
Warmduscher
Wenn du die Hitze nicht ab kannst – raus aus der Küche! Ihr musikalisches Menü bereiten die Briten vor Schweiß triefend im ungewaschenen Wifebeater zu, Cowboyhut auf der Birne, die Zigarette ascht beständig in die Suppe und vor dem Servieren wird nochmal herzhaft reingerotzt.
Mit geschmackvoll verpackter Geschmacklosigkeit kennen sich die Mitglieder von Warmduscher bestens aus. Drei von ihnen kommen von den Post Punk Enfant Terribles Fat White Family: Adam J. Harmer nennt sich fortan Quicksand und übernimmt das Schlagzeug, Saul Adamczewski (The Saulcano) schnappt den Bass und Lias Kaci Saoudi die Gitarre. Noch vor dem ersten Album "Khaki Tears" machen Harmer und Saoudi aber Platz für ihren Fat White-Kollegen Lightnin' Jack Everett und Childhoods Ben Romans-Hopcraft alias Mr. Salt Fingers Lovecraft. Am Mikro steht Clams Baker Jr (Craig Louis Higgins Jr von Paranoid London), elektronische Weirdness liefert sein partner-in-crime Quinn Walley, der in Warmduscher gleich zwei Pseudonyme nutzt: The Witherer und Little Whiskers.
So weit so verwirrend. Die ersten musikalischen Gehversuche fallen kaum weniger diffus aus. Noise Rock prallt auf Garagen-Post Punk, entstellten Blues und Lo-Fi-Funk mit kaputten Synthie-Einsprengseln. Das Motto scheint zu lauten Dekonstruktion statt Komposition – aber bitte mit Groove. Dem bleiben sie auch beim 2018 erscheinenden Nachfolger "Whale City" treu, obwohl dieser insgesamt harmonischer klingt. Mark Beaumont vom NME fasst in seiner Rezension zum Album treffend zusammen: "Warmduscher folgen dem Modus Operandi der Fat White Family-Schirmherrschaft. Das heißt, sie greifen sich ein Genre und tun alles in ihrer Macht stehende, es als gebrochenes, zuckendes Wrack zurückzulassen, wenn sie mit ihm fertig sind."
Obwohl Warmduscher weiterhin unter dem Radar fliegen, locken sie mit ihrer Anti-Kunst manch prominenten Fan an – zum Beispiel Iggy Pop. Der Godfather of Punk eröffnet 2019 das dritte Album "Tainted Lunch". "What did you think was gonna happen?", fragt er dort. "Wir haben Whale City passiert und steuern nun direkt auf das Badezimmer eures Geistes zu."
Quicksand ist mittlerweile wieder Teil der Band und hilft dabei, den Sound für "Tainted Lunch" zu reformieren. Die Gitarrenriffs werden härter, der Disco-Anteil gleichzeitig deutlich nach oben geschraubt und Hip Hop modelt sich dank Rapper Kool Keith ebenfalls in den Genremix. Mit ihrem Musikvideo zum Song "Midnight Dipper" parodieren Warmduscher außerdem noch die Black Metal-Szene.
Ein über die Jahre als Running Gang im Warmduscher-Kosmos etablierter Bandbiograf namens Dr. Alan Goldfarb weiß die Entwicklung einzuordnen und beschreibt das Geschehen als "ein Loch, durch das man ein anderes Universum schmecken kann. Eine dramatische Warnung. Ein vergoldetes Aroma. Es ist eine Geschichte liederlichen Verlangens und grenzenlosen Verrats. Eine Geschichte von Desillusionierung – die Verweigerung von Ausbeutung." Wie gesagt: Wenn du die Hitze nicht ab kannst – raus aus der Küche und ab unter die Dusche.
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