laut.de-Biographie
Diam's
In Frankreich ist Hip Hop noch das, was er in den USA einmal war: der Aufschrei einer ganzen Generation benachteiligter Jugendlicher aus dem Ghetto. In diesem Klima gedeihen Rebellen - wie Diam's.
Selten genug, dass ein weiblicher MC auf dem Testosteron-getränkten Rap-Parkett Fuß fasst. Im Fall Mélanie Georgiades deutet anfangs wenig darauf hin, dass ausgerechnet ihr solches gelingen soll.
Im Sommer 1980 kommt sie als Kind eines griechisch-zypriotioschen Vaters zur Welt. Der macht sich jedoch wenige Jahre später aus dem Staub. Mélanie siedelt mit vier Jahren in die Heimat ihrer Mutter, nach Frankreich über. In einem Vorort von Paris wächst sie auf - unter wenig amüsanten Umständen. Mit 15 unternimmt sie einen Suizidversuch, findet danach aber ihr Heil in der Musik - zunächst.
Obwohl sie mit französischer Popmusik der 80er und 90er Jahre groß wird, dominiert bald der Hip Hop ihre Vorlieben. Gedichte, die Mélanie schreibt, entwickeln sich zu Rap-Texten, sie greift zum Mikrofon.
Ihr Künstlername Diam's spiegelt ihre Sehnsüchte: Wie ein Diamant will sie sein, schön, unzerstörbar, nur ein anderer Diamant kann ihm Schaden zufügen. Sie avanciert schon zu Teenagerzeiten zum festen Bestandteil der Pariser Rap-Szene.
Ihr erstes Album "Premier Mandat" entsteht 1999 in Zusammenarbeit mit dem Produzenten Black Mozart. Erst 2001 findet sich aber ein Indie-Label, das sich der Platte annimmt. Die Single "Suzy" landet auf der Compilation "Original Bombattack" - und entwickelt sich von da zum Hit. Diam's zieht einen Majordeal mit Sony BMG an Land und hat fortan Rückenwind.
Den ersten Erfolg von "Brut De Famme" toppt das 2006 erscheinende "Dans Ma Bulle" noch: Aus dem Stand schießt das Album an die Spitze der französischen Charts. Am Ende des Jahres soll sich keine andere Platte besser verkauft haben: Über eine Million Einheiten gelangen unters Volk.
Diam's kassiert Preis um Preis, darunter den MTV Europe Music Award für den besten französischen Künstler. Neben der eigenen Karriere unterstützt sie Kollegen, darunter Casting-Star Amel Bent, mit ihren Songwriter-Talenten.
Allerdings leidet sie unter der Kehrseite des Ruhms."Sie konnte nicht mit dem Druck umgehen, den ihre Fans, die Paparazzi und ihr Management auf sie ausübten", berichtet die Neue Zürcher Zeitung. "Über ein Jahr lang suchte sie Hilfe bei Psychiatern. Dann wandte sie sich an Allah."
Diam's konvertiert zum Islam. Seit 2009 trägt sie zudem ein Kopftuch - was für einen Aufschrei unter Kritikern sorgt: Eine ehedem starke, unabhängige Frau unterwirft sich? Diam's selbst findet klare Worte: "Die Ärzte konnten meine Seele nicht heilen, also entschied ich mich für die Religion."
Ihrem Talent und ihren Überzeugungen kann der Schleier nichts anhaben: Diam's bleibt politisch motiviert, behält auch beim Ausbreiten ihrer persönlichsten Befindlichkeiten den Weitblick. Wahre Textfluten packt sie in ungemein zwingende Reime, die dichterische Fähigkeiten, exzellente Technik und unwiderstehlichen Biss verraten.
Statt sich in eine der Schablonen pressen zu lassen, die für Frauen im Hip Hop-Kontext existieren - zartes Weibchen oder Queen Bitch - macht Diam's gleich ihre eigene Schublade auf: "Un côté fille, un côté thug, un côté 'style à voter', si le rap, c'est de l'argent eh bah! J'suis la boss."
1 Kommentar
Habe mir das Album "Dans Ma Bulle" angehört. Das Einzige was mir dazu einfiel... bitte nicht noch mehr gestellter Euro-Gangsta-Hip Hop. Die Musik geht zum Teil in Ordnung. Der Rest ist labbriger Keks von gestern.