laut.de-Kritik
Mit Schellenkranz, Flöte und deutschsprachigen Porno-Samples.
Review von Hannes WesselkämperSeit nunmehr 15 Jahren arbeitet Crispian Mills mit seinen Mannen daran, die Welt zu retten. Mit großartigem Indie-Folk, instrumentaler Vielfalt und einem unermüdlichen Harmoniebedürfnis skizzieren Kula Shaker musikalische Gegenentwürfe zur grauen Eintönigkeit der Realität.
Nun wenden sie sich zugunsten traditionellerer Folkeinflüsse von früheren Britpop-Tendenzen ab. Liebe und Frieden gewinnen klar die textliche Vorherrschaft auf "Pilgrims Progress". Melancholische oder gesellschaftskritische Töne klingen seltener an.
"One heart, one direction / only love will take you there", um es mit Sven Väth zu sagen: The message is gude Laune! Die Liedzeile stammt aus "Only Love", einem hippiesken Highlight des Longplayers.
Mit Schellenkranz und Flöte, Handclaps und Quetschkommode wird hier getönt, bis einem die Sonne aus dem Arsch scheint. Sogar die Sitar wird in "All Dressed Up" für ein Solo bemüht, was auf die spiritistischen Wurzeln von Kula Shaker verweist – der Bandname entstammt dem amerikanischen Krishna-Jünger Kula Sekhara.
Trotz allem wohnt den Indie-Folkern eine gewisse Affinität zum Pop inne. In "Modern Blues" mutiert Sänger Mills zur Bob Dylan-Epigone, die einen Abgesang auf die Welt der Moderne proklamiert. "Fold up your red flag, tear up your nietzsche / forget tomorrow, all thoughts are borrowed / I've got this feeling, I'm falling, I'm falling", heißt es da, begleitet von E-Gitarrenriffs, mit denen man sich besser nicht beim Newport Folk Festival blicken lassen sollte.
Sogar der Klang in Mills Stimmorgan erinnert an den großen amerikanischen Songwriter. Weitere kulturelle Referenzen bilden der Tod von Peter Pan gleich im ersten Song – ein rührseliges und doch träumerisches Stück mit Cellobegleitung – oder Shakespeares schwärmerisch besungene "Ophelia" im zweiten Stück.
Zum Ende hin steigert sich das Album nach kurzem Durchhänger wieder. Zum Aufschwung trägt zum einen "Barbara Ella" bei, das mit deutschsprachigen Porno-Samples glänzt - schön, dass sich Barbara Ella auf "schneller, schneller, schneller" reimt. Cowbell und Heimorgel verpacken die schlüpfrigen Lyrics im 60er Retro-Stil. Auch "When A Brave Meets A Maid" belebt den Schlussteil von "Pilgrims Progress". Der Track steigert sich vom Flötenintro hin zu einer flotten Surfrock-Nummer.
Den Schlusspunkt setzt das mächtige "Winter's Call": doppelt so lang wie die anderen Songs und von doppelter Epik. Eine mächtige Orgel ertönt wie aus Arcade Fires "Intervention" gerupft, während sich Crispian Mills einem Gitarrensolo ergibt, das aus den tiefsten Tiefen kommt. Ein "Zerberus-Solo", wie es die Band in einem Interview nennt.
So verabschieden sich Kula Shaker aus einem Album mit Schwachpunkten, das aber trotzdem über weite Strecken nicht nur Freizeit-Hippies und Möchtegern-Krishnas überzeugt.
3 Kommentare
When a Brave Needs a Maid finde ich persönlich episch und sehr an Ennio Morricone erinnernd. die formulierung "flotte surfrock-nummer" wird dem song irgendwie nicht so ganz gerecht. aber die punktzahl geht in Ordnung, ich hätte auch 4 Punkte vergeben.
Die ersten beiden Alben bleiben unerreicht. Aber durch die Folkelemente kommt wieder mehr Frische rein, die beim letzten Album "Strangefolk" manchmal etwas fehlte.
2-3 Songs bleiben zwar nur Durchschnitt, aber insgesamt ist Kula Shaker hier wieder ein klasse Album gelungen.
Trotzdem bleibt es leider zu bezweifeln, dass sie mit "Pilgrims Progress" endlich mal wieder etwas mehr Aufmerksamkeit erregen. Auch wenn sie es verdient hätten.
@ Jack Valenitne .... das ist das erste album von denen das mir von vorne bis hinten gut gefällt !! wahrscheinlich ist es der folksound das gefällt mir besser ..