laut.de-Kritik
A Mordsgaudi: Rübenbauern für Fortgeschrittene.
Review von Anastasia HartleibNachdem Kollegin Fromm beim Debüt von Liquid & Maniac bereits erhebliche Sprachprobleme hatte, findet mit "The Gaudi Is Real" nun der Fortgeschrittenenkurs im "Rübenbauern-Dialekt" statt. Selbst als 'zugroaste' Hochdeutsche mit mehrjährigem Rübenbauern-Intensivtraining ist es eine Herausforderung, sich in der Oberpfälzisch/Niederbayerischen-Lingo-Achse der beiden MCs zu orientieren. Was allerdings nicht nur an der Sprachbarriere liegt.
Liquid und Maniac laden für ihren Zweitling ordentlich Effekte drauf. Synthies, brummende Bässe und Volksmusi-Samples treffen auf den schlimmsten Feind aller "Real Boys": Autotune. Ja, ihr Rucksackträger habt richtig gelesen: Der Tonkorrektur-Effekt hat nicht nur einen Gastauftritt, sondern spielt eine ziemlich prominente Nebenrolle. Das ergibt mit Blick auf das bisherige Ouevre der beiden erst mal wenig Sinn, macht dafür aber umso mehr Spaß.
Nachdem bereits besagter Opener mächtig Atmosphäre aufbaut, geht es spätestens mit "Zwieflsuppn" mitten rein ins Bayernland. Kritik an der Lebensmittelindustrie verpackt in trappigen Sound mit Volksmusik-Ästhetik und Ohrwurmgarantie: "Komisch, dass die Äpfel nimma schmecka, komisch, dass die Bienen & Wespen alle verrecka / logisch, dass Gesetze nix verändern, während Firmeninteressen in dem Land alles lenka kenna".
Die Gästeliste hat sich, besonders für Ureinwohner des Rübenbauernlandes, gewaschen. Freestyle-König Roger Reckless gehört sowieso zum Inventar und macht auf "Hampelmänner" eine Bombenfigur. Richtig spannend wirds aber, wenn es über die Grenze nach Österreich oder in Nicht-Rap Gefilde geht. Während Crack Ignaz in "Meine Leid" smooth wie eh und je über den trappigen Beat croont, steht das Bayern-Urgestein Haindling gleich Pate, sozusagen. Mit ihm interpretieren sie seinen Hit "Du Depp" neu und liefern den vermutlich passensten Ohrwurm des Jahres 2019. Eine weitere Stimme, die wohl zum bayerischen Kulturgut zählt, kommt übrigens von Tanja Raith von d'Raith-Schwestern & da Blaimer. So zumindest habe ich mir das erzählen lassen.
Mit "Mei Lebta", auf Deutsch "Mein Lebtag", kreiert das Duo nicht nur einen Zungenbrecher-Refrain ("Im Moment geht's ab wie i's mei Lebta ned dalebt ha"), sondern auch einen kleinen heimlichen Hit. Akustisch neben "Blazeready" eine der beiden klassischeren Produktionen, gehts inhaltlich eher nachdenklich und bedrückend zu. Rassismus, Pessimismus und engstirnige Weltbilder brodeln sich zu einem ziemlich ungenießbaren Eintopf zusammen, den wohl nicht nur Liquid und Maniac so noch nicht erlebt haben.
Einzig die Cloud-Persiflage "Flohmarkt" fällt etwas aus dem Rahmen. Irgendwie will dem Song nach (fast schon zu) authentischer Adaption des Soundbilds inklusive Nonsense-Text nicht so recht die Pointe gelingen.
Das ändert aber nichts daran, dass "The Gaudi Is Real" verdammt viel Spaß macht. Dass das Album eigentlich eine konstante Kritik an der Schnelllebigkeit, dem Konsum und unserer gesellschaftlichen Entwicklungen ist, hört man dem Album kaum an. Was definitiv auch an Maniacs absurd guten Produktionen liegt, die irgendwo zwischen true school, new school und abgespaceten Tunes ihre Heimat gefunden haben. Im Zusammenspiel mit spitzen, persiflierenden und süffisanten Versen ergibt das einen Heidenspaß. A Mordsgaudi hoid, verstehst?
2 Kommentare
Himmel! Orale Diarrhö!
Die Zeit der Dreiecke ist vorbei!