Das erste Metalfest auf der Loreley schickte Besucher und Bands mit gemischten Gefühlen auf den Heimweg.
St. Goarshausen, Loreley (edy) - Das durchwegs hügelige Gelände der Loreley stellte manchen Camper schon vor eine gewisse Herausforderung. Noch schwerer machte es einem die weitgehend planlos Security, die wahlweise keine, jeden Tage ein andere, oder auch mal beim besten Willen nicht durchführbare Anweisungen gab. Die Ordner hatten laut eigenen Aussagen selbst keine richtigen Anweisungen, bekamen auf Nachfragen per Funk oftmals keine Antwort, oder waren auch schon mal einfach überfordert.
Gleiches muss man leider auch von der restlichen Organisation behaupten, denn von den laut Veranstalter 350 Dixies war auf dem Festivalgelände nicht viel zu sehen. Die Fans brauchten lange, um überhaupt eine blau-weiße Meditationsbox zu finden, und die war dann spätestens Donnerstag gerne mal bis zum Rand gefüllt! Manche der fest stationierten Häuschen waren morgens auch schon mal verschlossen.
Security-Kontrollen: ein Witz
Um sein Bändchen zu bekommen, musste man an der viel zu kleinen Ausgabe schon mal über eine Stunde anstehen, und wie und was die Security am Eingang kontrollierte, war ebenfalls ein schlechter Witz. Der erste Regenguss am Donnerstagnachmittag machte den nach rechts abschüssigen Eingang zur Zeltbühne zur Schlitterpartie, bei der man dankbar sein kann, dass sich niemand ernsthaft verletzt hat. Hier muss einfach entsprechend mit Heu oder Ähnlichem ausgeholfen werden.
Die meisten Missstände konnte man entweder selber am eigenen Leib erfahren oder bekam es von den Fans direkt zu hören, die sich in ihrer Not an jeden wandten, der ein Pressebändchen hatte. In Sachen Organisation war vieles (zu vieles) höchst chaotisch und muss nächstes Jahr definitiv behoben werden. Entsprechend werden wir in zwei Wochen ein Interview mit dem Veranstalter führen, um zu sehen, welche Rückschlüsse gezogen wurden und wie man der Situation in den hoffentlich kommenden Jahren Herr werden will.
Donnerstag
Denn schließlich war der eigentliche Grund des Festivals – die Bands – nicht von schlechten Eltern! Als einzige Newcomer Band (wenn man die Frankfurter als solche noch bezeichnen darf) dürfen Sapiency am Donnerstag auf der Hauptbühne ran. Das Rund des Amphitheaters ist zwar nur spärlich gefüllt, doch die Hessen geben von Anfang an Vollgas und setzen ihre zwei Shouter gut in Szene. Gleich im Anschluss geht der erste Wolf (Turbowolf) von der Kette, dem im Laufe des Festivals noch Lonewolf und Powerwolf folgen sollen, wobei Letztere definitiv das Rudel anführen.
Turbowolf sind eingangs mit ihrem rotzig-sleazigen Rock noch ganz unterhaltsam, gehen mit der Zeit aber durch die zu lauten, nervigen Keyboards von Fronter Chris auf die Eier. Skull Fist sorgen dann für merklich vollere Ränge vor der Bühne und das anhaltend gute Wetter tut sein Übriges. Die Kanadier kommen auf dem Metalfest spürbar gut an, auch wenn Gitarrist Jackie Slaughter gesanglich schon mal merklich neben der Spur eiert.
Als dann fünf Kalkleisten auf die Bühne stiefeln und zwei davon Keytars umgeschnallt haben, ist klar – Alestorm sind vor Ort. Auf einmal sind die Ränge richtig voll und die Schotten schunkeln mit ihrem Pirate Metal los. Die Stimmung im Publikum geht steil nach oben und kommt somit auch Moonspell zugute, die nach 50 Minuten Partypower auf die Bühne müssen. Die Zahl der Zuschauer können die Portugiesen in etwa halten, doch der Partyfaktor flaut natürlich schnell wieder ab. Dennoch bieten Fernando Ribeiro und seine Jungs einen guten Gig, nachdem sie ihre Autogramm-Stunde am Mittag noch original verpennt haben.
Legion Of The Damned ziehen im Anschluss richtig die Arschkarte, denn es beginnt in Strömen zu gießen. Die Temperaturen sind zum Glück noch einigermaßen, so dass doch zahlreiche Fans noch vor Ort bleiben und sich die gewohnt gute Show der Tulpen-Deather zu Gemüte führen. Peter Tägtgren verzieht Backstage schon ziemlich die Augenringe wegen des Regens, doch als Hypocrisy nach anfänglichen technischen Problemen schließlich loslegen, ist der Regen vorbei und das Amphitheater rappelvoll. Zwar ist der Gitarrensound den kompletten Gig über recht matschig, aber das scheint durchaus so gewünscht zu sein.
Glasklaren Sound gibt es hingegen bei Blind Guardian, die in ihren knappen anderthalb Stunden eine Best-Of hinlegen, die sich gewaschen hat. Hansi singt an dem Abend wirklich stark, wirkt mit seiner Gestik und Intonation zwischen den Songs aber immer mehr wie ein Gymnasiallehrer, der zu seiner 12. Klasse spricht. Auch die leere Kulisse auf der Bühne ohne Amps und Boxen kommt dem sterilen Aufbau nicht wirklich entgegen, zumal weder André, noch Marcus große Bewegungsfanatiker sind. Das Publikum frisst ihnen aber aus der Hand und die Ränge sind gerammelt voll.
Gleiches Bild vor der Bühne auch bei Megadeth, wobei der Aufbau auf der Bühne gleich mal ganz anders aussieht. Auch hier ist der Sound ziemlich gut, nur Megadave scheint in sein Mikro zu flüstern. Seine Stimme ist am Lead-Mic kaum zu hören und bei den Mikros von Dave Ellefson oder Chris Broderick bleibt es bei der Lippenbewegung. Kommunikation mit dem Publikum findet quasi nicht statt und auch selbst der Blick kommt nur äußerst selten von der Gitarre mal hoch. Ohne Gerüchte streuen zu wollen, aber so ganz nüchtern scheint der Knabe nicht zu sein, auch wenn er an seiner Gitarre einmal mehr glänzend agiert.
Die zweite Bühne im Zelt wurde den Tag über- bis auf die Zeit des Regenschauers - eher sporadisch frequentiert und erst Fleshgod Apocalypse zogen trotz miesem Sound ein paar mehr Zuschauer an. Fueled By Fire, Omnium Gatherum und Triptykon spielten vor volleren Rängen. Die schleppenden Songs von Tom Warrior und Co. eigneten sich bestens dazu, bei einem Feierabendbier eine gewisse Zeltschwere zu erhalten.
Freitag
Selbst wenn man Huntress nicht hätte fotografieren müssen, Jill Janus hätte einem aus dem Zelt geschrien. Erstaunlich viele wollten dem anscheinen vorbeugen und waren schon um 13:00 vor der Bühne oder hofften einfach auf einen Satz Titten. Davon gab es aber wohl weniger als erhofft und das blonde Klappergestell nervte live genauso wie auf CD. Aber wenigstens waren die Leute somit schon mal wach, um Vader zu huldigen, die auf dieser frühen Position ungnädig verheizt wurden. Die Polen feuerten eine Death Metal-Granate nach der anderen ab, mussten aber nach 45 Minuten schon wieder einen euphorisch gefeierten Gig beenden.
Die Power und auch die Fülle im Publikum konnten Grand Magus anschließend nicht halten, doch die Hymnen der Schweden fanden beim sonnigen Wetter ebenfalls zahlreiche Fans. Fronter J.B. ist jemand, der seinen Gesang auch live sehr gut reproduzieren kann, und musikalisch ließ das Trio ebenfalls nichts anbrennen. Den riesigen Erfolg von Saltatio Mortis kann ich mir zwar nicht wirklich erklären, aber die Süddeutschen sorgten auf und vor der Bühne für deutlich Bewegung. Das Publikum war bestens aufgelegt, sang sämtliche Songs mit und fraß Fronter Alea förmlich aus der Hand.
Kein anderes Bild bei Powerwolf. Vielleicht mit dem Unterschied, dass das Amphitheater noch voller war und die Fans mit den Wölfen heulten. Die Fake-Transsylvanier sind auf CD schon sehr unterhaltsam, live gehören sie mittlerweile zu den ganz Großen. Sänger Attila Dorn unternahm auch gern mal einen Ausflug ins Rund des Theaters um nähren Kontakt zu den Fans zu suchen. Um so erstaunlicher, dass sich zeitgleich das Zelt nahezu halb voll zeigte und Purify mit Circle-Pit und Wall of Death nach allen Regeln der Kunst ebenfalls abgefeiert wurden.
Die nächsten fünf Stunden wurden für das Publikum extrem hart, denn Eluveitie ließen mit ihrem Pagan Metal die Stimmung ebenso wenig abreißen wie Behemoth, Edguy oder Kreator. Die Schweizer waren in den letzten Jahren zwar andauernd irgendwo unterwegs, scheinen bei den Fans aber nach wie vor hoch im Kurs zu stehen und räumten entsprechend ab. Behemoth zelebrierten im Anschluss daran ihre schwarz-weiße Messe, wobei man Fronter Nergal seine überstandene Krebserkrankung zu keiner Zeit anmerkt. Mächtig und erhaben ließen die Polen ihre Songs auf die Masse herab regnen und boten damit meinen persönlichen Höhepunkt des Festivals.
Mit Edguy macht man als Festivalveranstalter eh nichts falsch, und auch wenn sich mancher immer noch über das Gehampel von Tobi Sammet und die Fratzen von Basser Tobias Exxel aufregt – die Stimmung geht steil nach oben. Die Jungs wissen definitiv, was sie können und erreicht haben und stehen mit dieser Selbstverständlichkeit auf der Bühne. Das komplett gefüllte Areal spricht gegen alle Neider und Anfeindungen und auch wenn eine Stunde ein wenig knapp bemessen ist, wissen die Hessen jede Minute zu nutzen.
Dass Kreator anschließend mit leichter Verspätung überhaupt auf der Bühne stehen, ist nur diversen befreundeten Bands zu verdanken, die mit Equipment ausgeholfen haben, da dieses weitgehend auf dem Weg zum Festival verschollen ist. Davon unbeeindruckt legen Mille und Co. ein Thrash-Inferno ohnegleichen hin und ballern in 75 Minuten einen Klassiker nach dem anderen raus. Die Songs vom neuen Album kommen dabei genauso gut an wie die alten - auf die Security im Graben kommt zum ersten Mal richtig viel Arbeit zu.
Im Zelt waren es vor allem Feuerschwanz, die mit ihrer durchgeknallten Show mal wieder für Unterhaltung sorgten und Septic Flesh, die all diejenigen versorgten, denen nach Behemoth nicht der Sinn nach Partymucke á la Edguy stand, sondern etwas mehr nach teils majestätischen, teils rasenden Dark und Death Metal. Wie in der Nacht zuvor, gab es auch Freitag mit Swallow The Sun weitgehend beruhigende Klänge, welche den Großteil der Fans anschließend zu den Zelten schickten, anstatt sich bis drei Uhr morgens mit den DJs die Zeit zu vergnügen.
Samstag
Da Krypteria abgesagt hatten, eröffneten Burden den Samstag mit ihren doomigen Metalklängen. Das Wetter konnte sich nicht so ganz entscheiden, die Fans dafür schon und so lockten die Mainzer schon eine stattliche Anzahl an Besuchern vor die Hauptbühne. Steelwing holen noch ein paar mehr aus den Zelten und warum um kurz vor drei schon Death Angel auf die Bühne müssen, soll mir auch mal jemand erklären. Die Spielfreude der Kalifornier sucht seinesgleichen, und wenn man dann auch noch das komplette "The Ultra Violence"-Album am Stück zockt, bleibt eh kein Auge trocken.
Mangelnde Professionalität kann man Epica nun auch nicht vorwerfen, auch wenn das Ganze ein wenig sehr routiniert aussah. Dafür sieht Sängerin Simone Simons nicht nur zum Anbeißen aus, sondern kann auch live gut singen. Als einzigen Symphonic Metalband haben sie fast schon Exotenbonus und spielen einen guten Gig. Dark Tranquillity ist im Anschluss der Spaß deutlich anzumerken. Fronter Mikael Stanne grinst die ganze Zeit von einem Ohr bis zum anderen und auch der mittlerweile mit Fleischmütze ausgestattete Martin Henriksson scheint sich über die rappelvollen Ränge zu freuen.
Bei Ensiferum ist mal wieder Weißkäse-Alarm, doch die Fans zeigen sich vom Sound der Finnen weitgehend begeistert, denn das Rund vor der Bühne bleibt dicht gefüllt. Das kann man 50 Minuten später schon nicht mehr behaupten, denn Fear Factory haben mit Kyuss Lives! den Platz getauscht. Die Band ist vielen der Besucher schlicht und ergreifend nicht bekannt und auch der Name Kyuss ruft bei vielen nur ein Schulterzucken hervor. Entsprechend leeren sich die Ränge wieder und man weiß als Fan nicht so recht, wohin mit sich, denn auch Mystic Prophecy können im Zelt nicht auftreten, da ihr Drummer nicht auf dem Gelände aufgetaucht und jeglicher Kontakt zu ihm abgerissen ist.
Geräumig wird es anschließend wieder bei Fear Factory auf der Bühne, denn außer Drumriser und drei Mikros steht da nichts rum. Klinisch rein, wie die Sounds, die aus den Boxen kommen. Das Areal ist komplett gefüllt und jubelt den tight gespielten, maschinellen Songs des Quartetts von Anfang an zu. Dabei ist der Gesang von Burton einmal mehr alles andere als optimal, vor allem bei den melodischen Sachen. Drummer Mike Heller spielt sehr konzentriert und dank Trigger absolut auf den Punkt und Dino und Matt riffen routiniert durch den Set. Viel mehr als Routine spulen die Amis aber kaum ab, was die anwesenden Fans aber nicht weiter zu stören scheint.
In Extremo-Fronter Micha löste sich nur unwillig vom Deutschlandspiel im Backstagezelt, setzt aber mit seinen Mannen von Anfang an auf großen Mittelalter Rock-Zirkus. Das rappelvolle Rund vor der Bühne dankt es ihm mit glühendem Enthusiasmus und nachdem er auch noch den Endstand im Deutschland-Spiel verkündet, gibt es kein Halten mehr. Mit toller Lichtshow und einer gewohnt starken Setlist setzen die Siegerländer einen furiosen, musikalischen Schlusspunkt unter das Programm der Hauptbühne.
Im Zelt müssen gleichzeitig Brainstorm gegenarbeiten, haben aber ebenfalls genügend Fans auf ihrer Seite, um Sänger Andy B. Frank darüber hinweg zu trösten, dass er von der zweiten Halbzeit nicht mehr viel gesehen hat. Die Schwaben drehen voll auf und nutzen ihre 50 Minuten redlich. Als Betthupferl sind heute Lake Of Tears vor Ort, was aber nur noch ein Restpublikum interessiert.
So bleibt im Resümee ein ausgesprochen starkes und sehr variantenreiches musikalisches Programm, ein durchwachsene Wetter in hügeliger Campinglandschaft und leider ein organisatorisches Chaos, das bis zum nächsten Jahr hoffentlich stark verbessert wird.
4 Kommentare
Nachsitzen in Dessau...da klappt das immer super! Der Sound war dieses Jahr besonders gut
Die Aussagen zur Orga kann ich voll bestätigen. Das Einweisen in die Parkplätze hat noch ganz gut funktioniert, danach kam aber nicht mehr viel (man hat sich den Parkplatz mit 10 ? aber auch teuer erkauft). Die Schlagen vor den Dixies waren schon wirklich heftig und ein wenig mehr Stroh hätte es sein können.
Der Sound war nicht perfekt, wir saßen am Samstag hinten auf der Wiese und je nachdem wie der Wind stand kam mal mehr, mal weniger an. Ein paar Lautsprecher weiter hinten wären ganz gut gewesen.
Wenn die Aussicht besteht, dass die Veranstalter die Orga besser in den Griff bekommen, komme ich gerne nächstes Jahr gerne wieder. So weit ich verstanden habe, war das Metalfest dieses Jahr das erste mal auf der Loreley zu Gast, so dass da sicher noch Erfahrungen fehlten.
Und die Bands waren natürlich absolut geil
@svengo: Soundschwankungen bei der Windstärke lassen sich nicht ändern, das kann man kaum vorwerfen.
@stummerzeuge: stimmt, das können nur Wagner-Fans und so Leute. So wie Manowar
Was für ein journalistisch schlechter Text.
"noch original verpennt haben"