Porträt

laut.de-Biographie

Procol Harum

Der Erfolg kommt manchmal unerwartet: Als der Offshore-Sender und BBC-Konkurrent Radio London Anfang 1968 "A Whiter Shade Of Pale" spielt, ist die Neugierde der Zuhörer so groß, dass schnell eine Single gepresst wird und in die Läden kommt. Sie landet prompt an der Spitze der englischen Charts und hält sich dort sechs Wochen lang. In den USA platziert sie sich an fünfter Stelle; insgesamt verkauft sich das Stück weltweit sechs Millionen Mal.

Procol Harum - All This And More Aktuelles Album
Procol Harum All This And More
Mehr als nur "A Whiter Shade Of Pale".

Eigentlich kein Wunder - wer kennt das wohl berühmteste Orgelintro der Rockgeschichte nicht? "A Whiter Shade Of Pale" ist über 30 Jahre nach seiner Veröffentlichung nach wie vor einer der beliebtesten Knutsch-Songs. Dennoch stellte er die bis dahin so gut wie unbekannten Beteiligten vor ein großes Problem: Es war das einzige Stück in ihrem Repertoire.

Den Mittelpunkt der Band bildet Sänger/Pianist Gary Brooker, der als Mitglied der Paramounts im Laufe der 60er Jahre bescheidene Erfolge feiert. 1966 lernt er den Songwriter Keith Reid kennen, mit dem er einige Stücke komponiert. Um das Material aufzunehmen, gibt er auf der Suche nach Musikern eine Anzeige in einem Magazin auf.

Zu Brooker gesellen sich Matthew Fisher (Orgel), Ray Royer (Gitarre), Dave Knights (Bass) und Bobby Harrison (Schlagzeug). Das erste Lied, das sie einspielen, ist "A Whiter Shade Of Pale". Der surreale Text stammt aus der Feder Reids, die musikalische Begleitung leitet Brooker von J.S. Bachs "Suite No.3 in D-dur BWV 1068" ab. Bereits 1967 ersetzt Robin Trower den ursprünglichen Gitarristen Ray Royer.

Den vorläufigen Namen Pinewoods tauschen sie vor der Veröffentlichung gegen Procol Harum ein. Der Ursprung der merkwürdigen Bezeichnung führt in Internetforen nach wie vor zu hitzigen Debatten. Zur Auswahl stehen zwei Versionen: Die erste besagt, es handle sich um eine Katze, die zweite besteht auf eine Ableitung aus dem Lateinischen.

Brooker erklärt in einem Interview, dass beide Interpretationen korrekt seien. Ihr Manager habe ihm den Namen seiner reinrassigen Katze, Procul Harun, vorgeschlagen, was auf Lateinisch "Jenseits dieser Dinge" bedeutet. Er habe ihn am Telefon aber falsch verstanden, wodurch es zur ungenauen Schreibweise kam. "Immer noch besser, als 'Ich Werde Mir Eine Kuh Kaufen' zu heißen", beendet der Frontmann den Streit mit trockenem Humor.

Den Erfolg ihrer ersten Single können Procol Harum nicht wiederholen. Ihre Mischung aus Blues und klassischen Einflüssen stößt zwar auf Interesse, ist Ende der 60er Jahre aber alles andere als ungewöhlich. Zwar schaffen es einige Singles in die tieferen Etagen der Charts, erst aber mit dem dritten Album "Salty Dog" (1969) gelingt es ihnen, mehr als nur ein gutes Lied auf eine LP zu bannen.

Trotz ständig wechselnder Besetzungen - mit Brooker als einzigem beständigem Mitglied -, entwickeln sie sich vor allem zu einer Liveband, die sich als verdaulichere Version von King Crimson oder Emerson, Lake & Palmer behaupten kann. Kaum verwunderlich also, dass sie ihr erfolgreichstes Album 1972 bei einem Auftritt mit dem Edmonton Symphony Orchestra aufnehmen. Mit der Auskopplung "Conquistador" gelingt ihnen zudem ein letzter Hit.

Zwar veröffentlichen sie anschließend noch vier weitere Studioalben, nach dem ereignislosen "Something Magic" (1977) lösen sie sich aus Mangel an Erfolg jedoch auf. Brooker lässt sich auf eine zunächst Solokarriere ein; für "Fear Of Flying" (1978) gewinnt er George Martin als Produzenten, auf "Lead Me To Water" (1982) spielen unter anderen Phil Collins und Eric Clapton. In der zweiten Hälfte der 80er Jahre kehrt er aber dem Pop-Geschäft den Rücken und konzentriert sich auf die Komposition orchestraler Musik.

Umso erstaunlicher bringt er seine fast vergessene Band 1991 für ein Studioalbum wieder zusammen. Auf "The Prodigal Stranger" folgt eine US-Tour, bevor die Mitglieder wieder eigene Wege gehen. Eine dritte Reunion kommt 1999 für Konzerte in Europa zustande, eine weitere 2003, als mit "The Well's On Fire" erneut ein Album mit frischem Material erscheint. 14 Jahre darauf folgt im April 2017 mit "Novum" noch einmal ein Studioalbum. Es ist das erste in der Geschichte von Procol Harum, dessen Lyrics nicht von Keith Reid geschrieben wurden.

In all den Jahren gehen Procol Harum auch immer wieder auf Tour. Noch für den März 2022 stehen einige, wegen Corona zuvor mehrfach verschobene Deutschland-Konzerte auf der Agenda, zu denen es aber dann doch nicht mehr kommt. Am 19. Februar stirbt Sänger und Bandgründer Gary Brooker nach einer Krebserkrankung im Alter von 76 Jahren, und damit endet auch die Geschichte der Band. Songwriter Keith Reid erliegt etwa ein Jahr später ebenfalls mit 76 Jahren seinem Krebsleiden. Am 23. März 2023 stirbt er in einem Londoner Krankenhaus, nachdem er dort für zwei Jahre in Behandlung war.

Alben

Surftipps

  • proculharum.com

    Fanseite, die nach eigenen Angaben mehr als 3000 Seiten und über 2500 Bildern bietet.

    http://www.procolharum.com/

Noch keine Kommentare