laut.de-Biographie
(hed) Planet Earth
Der Rolling Stone beschreibt sie einmal als "einer der wenigen Rap-Metal-Acts, die einem das Gefühl geben, dass es die guten alten Zeiten noch gibt". Irgend etwas muss am kalifornischen Klima jedenfalls besonders sein. Denn nicht nur Orangen gedeihen hier famos. Auch die Fusion von Turntables und Gitarren bringt regelmäßig prächtige Blüten hervor. Vielleicht liegt es an den vielen Sonnentagen im Jahr oder an der Nähe des Pazifiks. Die sechs Freaks von (hed) Planet Earth kommen jedenfalls von dort und machen da weiter, wo der Judgment Night-Sampler, ein Meilenstein des Rap-Metal-Genres, anno 1993 aufhört.
Ein Jahr später laufen sich der aus Brasilien stammende Sänger Paolo Gomes alias Jared Shaine aka M.C.U.D. und Gitarrist Westyle in der Hardcore-/Punk-/Rap-Szene von Orange County über den Weg. Verstärkt durch den schrägen Turntable-Aktivisten DJ Product, Co-Gitarrero Chizad und die versierten Rhythmiker BC (dr) und Mawk (b) gründen sie ein Band, deren Namen fortan für Verwirrung sorgt. Eigentlich will sich die Combo nur "hed" (vom englischen head) nennen. Rechtliche Streitigkeiten führen zum Zusatz "p.e.", dessen Bedeutung ständig wechselt. So wird das anfängliche "Planetary Evolution" bald durch "Planet Earth" ersetzt.
Nicht desto trotz sind sie in der örtlichen Surf- und Skate-Szene schnell ein Begriff. Tighter Hardcore/Punk unterlegt mit tiefen Rap-Bässen und Hip Hop-Grooves ist ihr Geschäft. Das Ganze nennen (hed) p.e. dann Gangsta-Punk. Bereits drei Monate nach Gründung liegen Angebote von Plattenfirmen auf dem Tisch.
Jahred und seine Posse unterschreiben nach einer ersten selbstproduzierten Scheibe ("Church Of Realities") erst 1996 bei Volcano/Jive Records, der Heimat der Backstreet Boys. Ein schöner Kontrast, denn die Südkalifornier setzen weder Jack Daniels vor die Tür noch sind sie anderen Giften abgeneigt. Und "Explicit Lyrics" gehören sowieso zum guten Ton. Der Boss der Plattenfirma ist trotzdem bekennender G-Punker.
Nach ihrem offiziellen Debüt sammelt das Sextett, das steif und fest an UFOs glauben und viel Reggae hören, reichlich Live-Erfahrung in der ersten Liga. So auf dem Ozzfest oder der "Tattoo The Earth"-Tour. Befreundet sind sie u.a. mit Korn, Slipknot und Papa Roach, die sie 2001 auf Europa-Tour begleiten. Gibt es bei System Of A Down personelle Engpässe hilft man ebenfalls gerne aus. Auf dem Black Sabbath-Tribute finden sich die Kalifornier ebenso wie auf dem "The Replacement Killers"-Soundtrack. Vielseitige Erfahrungen fließen so in den zweiten Longplayer Broke ein, der im Tourbus entsteht. In Mississippi und New Jersey eingespielt, ist er um einiges groove-orientierter und cooler als die früheren Stücke.
Textlich gibt sich Jared bodenständiger und lässt das Universum Universum sein. Auf der Bühne versuchen BC und Co. wie auf Platte zu klingen und setzen deshalb live Samples, Loops und auch Elektro-Drum-Pads ein. Mit denselben Wurzeln wie Korn, Deftones oder Limp Bizkt klingen (hed) p.e. natürlich ähnlich. Der Hip Hop (bevorzugt Dirty South) bekommt jedoch großes Gewicht. Das Sextett besticht zudem durch Melodiösität, unerwarteten Abwechslungsreichtum und musikalisches Niveau. Und genau deshalb schlagen sie sich eine fette Schneise durchs Nu Metal-Dickicht. Der Lohn: Rang 63 in den Billboard-Charts. Da darf man schon mal wegen Marijuana-Besitzes verhaftet werden, wie Jared in Connecticut (gegen eine Kaution von 1.500 Dollar ist die Sache dann gegessen).
Im Frühjahr 2002 beginnen die Weirdoz mit den Arbeiten am dritten Release. Die Platte "The Big Nothing" wird für den 24. September angekündigt. Einen Monat zuvor verlässt Chizad die Band. Ersatz ist schnell gefunden: Ab nun greift Sonny Mayo (früher Amen) als zweiter Gitarrist in die Saiten. Kurz darauf ändert die Band den Albumtitel in "Blackout" und verschiebt den Release auf Frühling 2003. Bis dahin haben (hed) P.E. über 700.000 Platten verkauft, gelten als Tour-Workaholics und stehen mit Größen wie Metallica, Slayer, Korn, Deftones, Linkin Park, P.O.D. oder Slipknot auf der Bühne.
Mit Drowning Pool geht es 2004 zwar auf US-Tour, doch die Zeichen stehen auf Veränderung. Man trennt sich von Jive Records, BC wirft die Trommelstöcke hin, für ihn kommt Otep-Drummer Mark 'Moke' Bistony. Auch Gründungsmitglied Westyle kehrt der Band den Rücken (für ihn steigt Jaxon ein) und Klampfer Nummer zwei, Mayo, ist ebenfalls raus. Fronter Jared, der nebenher das Live-Side-Project Fenix Jones betreibt, arbeitet Teile dessen Materials nun für den vierten (hed) P.E.-Longplayer aus.
"Only In Amerika" (ursprünglich soll der Titel "Raise Hell" lauten) erscheint bei Koch Records. Bis auf die Drums werden Instrumente und Vocals im Wohnzimmer aufgenommen. Dort mischt Jared die Scheibe auch ab. Wie der Name sagt, steht die Platte erst nur in den USA in den Läden, deutsche Fans müssen sich bis ins Frühjahr 2005 gedulden.
Das neue Line-up bringt neue Aggressivität in den Sound. Jarred packt in den Lyrics, in denen er sich bevorzugt über Masturbation, Drogen, Frauen oder die Musikindustrie auslässt, punktuell sogar heiße Eisen an (z.B. Al-Kaida). Allerdings geht die Message meist in seiner absichtlich extrem offensiven Sprache unter. An den Achtungserfolg "Broke" kann das Quintett nicht anknüpfen und so suchen (hed) P.E. wieder ein neues Label: Suburban Noize (u.a. Kottonmouth Kings) kündigt für 16. Mai 2006 den fünften, offiziellen Langrillen-Anschlag an, das 13 Track starke Album "Back 2 Base X", der in den Independent Charts auf Platz 15 klettert. Im Zuge der Platte setzen die Weirdoz für einige Gigs über den Atlantik über. Zuvor erscheint Ende August noch eine erste Best Of-Scheibe (Jive Records bringt das Teil ohne Rücksprache auf den Markt).
Mitte 2007 spricht Jared über das nächste Studiowerk "Insomnia". Die erste Single "Suffa" erscheint zeitgleich am 17. Juli und arbeitet sich an einem Lieblingsthema des Sängers ab: die aktuell verhängnisvolle Verquickung von Krieg und Politik. Doch (hed) P.E. lassen der Kritik auch Taten folgen. Mit der Strange Noize Tour u.a. mit den Kottonmouth Kings helfen Band und Label verwundeten, meist blutjungen US-Soldaten. Mittels des Verkaufs spezieller T-Shirts und Sweater werden etwa Medikamente oder Rollstühle finanziert.
"Insomnia", so Jared, klingt dunkler und heavier als der Vorgänger, man habe sich u.a. mit 70er-Jahre-Punk beschäftigt (Die Bullboardcharts listen die Scheibe auf Rang 138). Nichts desto weniger scheinen sich (hed) P.E. daneben wieder ihrer besten Groove-Zeiten zwischen Hardcore und Bounce-Tempi zu entsinnen. Mitte Oktober 2007 steht die fankonforme Platte in den Läden.
Trotz permanenter Line-up-Wechsel, etwa in Sachen Drummer, und durchweg mäßiger Kritiken bleiben (hed) P.E. unkaputtbar. Nach der ersten Livescheibe "The D.I.Y. Guys" (2008) veröffentlichen die Kalijungs fast im Jahrestakt Alben. Eine zweite Best Of erscheint 2010 unter dem Titel "Major Pain 2 Indee Freedom: The Best Of Hed P.E." inklusive einem neuen Song zu hören, der limitierten Auflage liegt zusätzlich ein Livekonzert aus L.A. bei. Sevendust-Fronter Lajon Witherspoon erscheint als Gast auf "Truth Rising" (2010, Billboard-Charts Platz 72). 2012 steht der neunte Studiorelease an, "Ascension": Im festen Line-up stehen neben Jared, Mawk und DJ Product © 1969 mittlerweile Gitarrist Jaxon (seit 2004) und Schlagzeuger Trauma (seit 2009). Gründungsmitglied DJ Product scheidet allerdings 2013 aus, das angekündigte Album "Ascension" erscheint ebenfalls nie. Weitere Besetzungswechsel folgen: Original-Bassist Mawk und Jaxon kehren (hed) P.E. 2015 ebenfalls den Rücken. "Forever!" ist 2016 somit das erste Studioalbum, auf dem nur noch ein Originalmitglied zu hören ist - Aushängeschild Jared. Seit 2014 ist die Band zudem bei Pavement Music unter Vertrag.
Jared selbst sieht einen wichtigen Grund für - zumindest seine - Beständigkeit in seinen auch gesellschaftspolitisch motivierten Texten ("social commentary"). Und die Bedeutung der Band fürs Genre? Glaubt man dem Frontmann, dann erzählten ihm einst Korn, dass Fred Durst (hed) P.E. durchweg während den Aufnahmen zum Limp Bizkit-Debüt hörte. Und auch Linkin Park hätten seine Band als Einfluss angegeben.
Auf "Stampede!" (2019) bekommen Fans dann Jared im Autotune-Format zu hören. Für den August 2020 kündigen (hed) P.E. bereits das zwölfte Studioalbum "Class Of 2020" an - und eine Rückbesinnung auf die Wurzeln der langlebigen Crossover-Truppe. Die Platte nimmt Jared zufolge sowohl in Inhalt (den G-Punk der Anfangsjahre) wie Form (Albumcover) Bezug auf das 20-jährige Jubiläum der nach wie vor wohl besten Platte der Bandgeschichte - "Broke".
Ein Auslöser für den Release war die Covid-19-Pandemie, die (hed) P.E.s Tourpläne zunichte machte, worauf sich der Frontmann im Studio verkroch. Sowohl DJ Product wie auch einer der beiden ersten Gitarristen, Chizad, treten als Gäste in Erscheinung. Noch immer im Line-up stehen zudem Kurt Blankenship (Bass, seit 2015), D.J. Blackard (Gitarre, seit 2018) sowie Drummer Major Trauma (seit 2009), der mittlerweile auch bei American Head Charge zockt.
Schon für Juli 2021 kündigen (hed) P.E. ihren zweiten Pandemie-Release an: die 5-Track-EP "Sandmine", aufgenommen in Jareds Studio in Idaho, wo der bald zweifache und verheiratete Familienvater lebt.
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