laut.de-Biographie
D-A-D
"Und du fragst dich, kann man auch Tracks heiraten in Dänemark?" ("Liebes Lied"-Absolute Beginner 1998)
Dieses kleine aber feine skandinavische Land ist nun ja nicht unbedingt der Nabel der Musikwelt. Neben Metallica-Drummer Lars Ullrich, den Olsen Brothers, Heavy Metal-Dämon King Diamond (Mercyful Fate), Volbeat sowie dem Roskilde bzw. Midfyns Festival hält nur noch eine einzige rotzfreche Rockcombo die rot-weiße Fahne im internationalen Popbiz hoch. Diese Band hätte es aber auf jeden Fall verdient, so bekannt zu werden wie U2. Denn die vier Jungs von D-A-D brennen seit Jahren sämtliche Bühnen Europas nieder veröffentlichen mehr oder weniger regelmäßig ein Hammeralbum nach dem anderen.
Doch zu Beginn ihrer Karriere vermutet wirklich noch keiner, dass aus der einstigen Chaostruppe im Laufe der Jahre echtes Danish Dynamite werden soll. Aufgewachsen in einer recht miesen Gegend in Kopenhagen und wohnhaft zwischen Haschpilzen und Müllbergen leben Basser Stig Pedersen, Drummer Peter Jensen und Sänger und Gitarrist Jesper Binzer Anfang der Achtziger frisch, fromm, fröhlich, frei in den Tag hinein. Man höre nur mal den '89er Erfolgshit der Band "Sleeping My Day Away", in dem Jesper eindrucksvoll die damalige Lebenseinstellung beschreibt.
Irgendwann entschließt man sich, es doch mal mit 'Mucke machen' zu versuchen. Die ersten Ergüsse ähneln Milieu-gerecht zumeist Punkgruppen wie den allgegenwärtigen Ramones. Lustig und gelassen wie dänische Punkrocker nun mal sind, entwickelt man sich hin zum King Diamond-Mittelalter Metal. Doch diese Richtung ist auf die Dauer zu nüchtern und humorlos. Das Trio will Spaß haben, Bier trinken und richtig rocken. Was liegt da näher, als es mal mit Cowpunk zu versuchen. Unterstützt von Jespers Bruder Jacob an der zweiten Gitarre, dem nach eigenen Aussagen zu diesem Zeitpunkt einzig-echten Musiker des Quartetts, spielt man unter dem Namen Disneyland After Dark 1986 das Debut "Call Of The Wild" ein.
Die Platte schlägt in ihrem Heimatland ein und macht die Gruppe schlagartig zu Local Heroes. Im restlichen Europa dagegen findet der "Call Of The Wild" vorerst nur als Import seinen Weg in die Plattenläden. Ähnlich verhält es sich mit dem zweiten Werk "Disneyland After Dark Draws A Circle", welches ein Jahr später erscheint. Der Cowpunk ist einer interessanten The Clash-mäßigen Variante gewichen. Höhepunkt des Albums ist die bluesige Anti-Friseurhymne "I Won't Cut My Hair", die sich jeder langhaarige Headbanger mindestens einmal am Tag geben sollte.
Aber Donald Duck hat seine Augen überall, auch in Dänemark. 1988 werden ein paar Disney-Anwälte bei den Dänen vorstellig. Ihre Anklage: Der Name Disneyland After Dark verstößt gegen das Namenschutzrecht. Aber Punkrocker bleiben cool, und so ändert man den Namen kurzerhand in D-A-D um. Und als wäre dieser gezwungene Schachzug eine göttliche Fügung startet die Band mit ihrem 89er Album "No Fuel Left For The Pilgrims" einen musikalischen Feldzug, der sie zuerst nach Europa und dann sogar in die USA führt. Der Grund für den plötzlichen Popularitätsschwung ist die erneute Weiterentwicklung des D-A-D-Sounds.
Highwaymucke a la AC/DC gepaart mit dem bandeigenen Humor sorgt aller Ortens für Begeisterungsstürme, denn Ende der Achtziger/Anfang der Neunziger steht Hardrock hoch in der Fangunst. Die lustigen Videos zu "Sleeping My Day Away" und "Girl Nation" rotieren ordentlich auf MTV, und die hammergeilen Liveshows von D-A-D sind in aller Munde. Wer kennt ihn nicht, den zweisaitigen Raketenbass von Stig Pedersen. Eine halbe Million Einheiten gehen von "No Fuel Left For The Pilgrims" über die Ladentische. Doch Jesper und Co. bekommen auch die Kehrseite des Erfolges zu spüren. Mit dem steigenden Bekanntheitsgrad werden auch ihre Texte mehr unter die Lupe genommen. Resultat: Auf Grund des Titeltracks kommt es zu Protesten und Drohbriefen von arabischen Fundamentalisten. D-A-D reagieren darauf, in dem sie den tollen Song eine Zeit lang aus dem Programm nehmen.
Nach dem Tourstress legt die Band mit "Riskin' It All" 1991 wieder eine Schippe drauf. Der AC/DC-Einfluss wird noch mal kräftig gesteigert und mit "Laugh'n'Half" sowie "Down That Dusty 3rd World Road" erweitern D-A-D ihren Sound. Ersterer ist eine waschechte Akustik-Ballade, während Letzterer locker im Cafehaus-Style swingt. Nach der obligatorischen Konzertreihe ist vorerst Pause angesagt. Zudem verlängert Warner Bros ihren Deal nicht mehr. So dauert es geschlagene vier Jahre bis sie wieder ein Lebenszeichen von sich geben. "Helpyourselfish" heißt die neue Platte, welche auf EMI erscheint und die meisten Fans ob der schwermütigen Grunge-Experimente erst mal ordentlich vor den Kopf stößt. Leider flaut der Seattle-Boom schon wieder ab, so dass die Mannen um Jesper Binzer nicht an frühere Erfolge anknüpfen können (mit Ausnahme von Dänemark selbstverständlich).
Doch D-A-D lassen sich davon nicht wirklich beirren und machen das, woran sie Spaß haben. Für ihr nächstes Album "Simpatico" lassen sie sogar das obligatorische Roskilde-Festival sausen. "Oh, wir hoffen, dass wir mit dieser Platte everybody's darling werden. Wir hatten nach dem letzten Album den Eindruck, alles schon abgeklappert zu haben, was uns zur rauhen, Metal-lastigen Musik einfällt", so Jesper. Trotzdem ist "Simpatico" ein wundervolles Moment melodiöser Rockmusik geworden. Die Scheibe hätte auch heutigen Chartstürmern wie Nickelback oder Creed zur Ehre gereicht, 1998 aber floppt sie gewaltig. Selbst die dänischen Fans haben so ihre Probleme mit dem genialen Kunststück.
Zu allem Überfluss stirbt Manager John Rosing 1998 44-jährig an einem Gehirntumor, Drummer Peter Jensen wechselt frustriert an die technische Uni, und die EMI feuert das übrig gebliebene Trio. Und so rekrutiert man den 25-jährigen Schlagzeuger Laust Sonne und besinnt sich notgedrungen wieder auf alte Stärken. "Wir mussten D-A-D wieder neu erfinden, weil die alten D-A-D nicht mehr existierten," so Jesper. Das 2000er Album "Everything Glows" knüpft dann auch wieder an die groovenden Hardrock-Zeiten an. Das Werk erreicht in der Heimat nach nur drei Wochen Platinstatus. Die alten Fans sind also noch da, was auf der folgenden Tournee und diversen Festival eindrucksvoll demonstriert wird.
Auf diesem wieder gewonnenen Fanfundament aufbauend versuchen sich D-A-D im Jahre 2002 mit ihrem achten Studioalbum "Soft Dogs" wieder an melodiöseren Tönen, was eventuell auch an Tim Palmer liegt, der bereits für U2 den Mix besorgte.
Nach einer erfolgreichen Tour ziehen sich die Bandmitglieder wieder etwas aus dem Rampenlicht zurück und kümmern sich um ihre Nebenprojekte. Jesper gründet ein eigenes Label, sein Bruder Jacob spielt neben D-A-D ein paar private Jazz-Sessions mit engen Freunden und Drummer Laust wildert solo im Elektro-Pop-Gefilde Dänemarks.
Bis zu ihrem nächsten Streich lassen sich die Dänen etwas mehr Zeit. Da auch die Onkelz kapiert haben, was für eine klasse Band die Dänen sind, laden sie D-A-D auf ihr Abschiedsfestival am Lausitz Ring im Juni 2005 ein. Im gleichen Jahr rocken D-A-D auf dem legendären Roskilde Festival vor weit mehr als 60.000 Menschen. Im Frühjahr 2006 melden sie sich mit ihrem Album "Scare Yourself" zurück und veröffentlichen dazu passend noch "Scare Yourself Alive", ein Live-Album + Live DVD von ihren Shows in Dänemark, inklusive Roskilde.
Danach zieht sich der Dänen-Vierer zurück um an neuen Songs zu feilen. In New York produzieren sie ihr Album "Monster Philosophy", das 2008 auf den Markt kommt.
Ein Jahr später begleiten sie Der W auf seiner Deutschland-Tour und spielen sich zurück in die Herzen ihrer deutschen Fans, die lange genug auf D-A-D live verzichten mussten. 2009 steht Wacken auf ihrem Festivalprogramm, 2010 wieder eine eigene kleine Deutschland-Tour, sowie Studioaufnahmen für ein neues Album, das im Herbst 2011 erscheinen soll.
Und so ist es dann auch: Anfang November 2011 steht "Dic.Nii.Lan.Daft.Erd.Ark" in den Regalen und knüpft in gewisser Weise an den Vorgänger an, ohne dabei ganz so depressiv zu wirken. Stattdessen gibt es wieder mehr Rock und auch diverser Seventies-Einflüsse.
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