Porträt

laut.de-Biographie

Walter Trout

Mit Pferdeschwanz, Doppelkinn und stattlichem Bauchumfang erinnert Walter Trout lange an Meat Loaf. Damit sind die Gemeinsamkeiten aber auch schon beendet: Während sich der texanische Hackbraten mit auf den Leib geschnittenen Songs und theatralischen Posen einen festen Platz in der kommerziellen Oberliga erkämpft hat, ist Trout ein Vollblut-Bluesrocker, der auf eine kleine, aber treue Fangemeinschaft vertraut und mit seiner Begleitband unermüdlich tourt.

1951 in Ocean City geboren, spielt er Ende der sechziger Jahre Gitarre und Mundharmonika in verschiedenen Bands in seinem Heimatstaat New Jersey. 1973 siedelt er nach Los Angeles über, wo er sich als Session- und Begleitgitarrist verdingt. Ende des Jahrzehnts spielt er unter anderen bei den Righteous Brothers, für Percy Mayfield und John Lee Hooker.

1981 tritt er den nicht mehr ganz frischen Canned Heat bei. 1984 wechselt er zu John Mayall's Bluesbreakers, mit denen er die erfolgreichste Zeit seiner Karriere erlebt. 1989 beenden Alkoholprobleme nach einem verpatzten Auftritt in Ostberlin die Zusammenarbeit. Angeblich legt Santana Trout nahe, sein Talent nicht zu versaufen und sich wieder aufzurappeln.

Der Gitarrist folgt dem Rat und wandelt ab 1989 auf Solopfaden. Unter verschiedenen Namen (Walter Trout Band, Walter Trout And The Free Radicals, Walter Trout And The Radicals, seit 2008 und "The Outsider"ganz einfach nur Walter Trout) veröffentlicht er regelmäßig neue Alben und verbringt einen beachtlichen Teil seines Lebens on the Road.

Anfang 2014 versagt Trouts Leber. Dank eines Spenderorgans überlebt er glücklicherweise und verarbeitet seine Erlebnisse im Album "Battle Scars" (2015). Körperlich noch sichtlich gezeichnet, aber wieder spielfreudig zeigt er sich auf "Live In Amsterdam" und vor allem auf "We're All In This Together" (2017), auf dem er mit vielen großen Namen zusammen spielt, unter ihnen Joe Bonamassa, Warren Haynes, Edgar Winter und sein Mentor John Mayall.

"Ich bin 66 Jahre alt, doch fühle ich mich, als wären es die besten Jahre meines Lebens. Ich fühle mich körperlich besser und habe mehr Energie denn je. Nicht nur mein Verständnis vom Leben hat sich komplett geändert, sondern auch meine Sicht auf die Welt, meine Familie, meine Karriere. Ich will mich in dieses spannende und feierliche Leben stürzen. Ich will es bei den Eiern packen und nicht wieder loslassen", erklärt er bei Veröffentlichung des Albums.

Dass er dann doch echt lange mit seiner eingepflanzten Leber weiter rockt, überrascht ihn selbst. "Manche Leute bekommen eine Lebertransplantation, und sie halten zwei Jahre durch. Gregg Allman bekam eine Lebertransplantation, er hielt nur drei Jahre durch. Und bei mir sind es schon sieben Jahre", staunt Walter 2022.

Während sein Album "Ordinary Madness" zwischen erster und zweiter Corona-Welle eine gute Figur in den deutschen Charts machte und Platz 24 erobert, sieht's auf dem Tourneeplan löchrig aus. Trout ohne Publikum? - Ein unvorstellbarer Zustand! "Ich mache das schon seit '69, als ich in den Bars von New Jersey anfing", grübelt der Mann, der sowohl mit einer dänischen Frau (Marie) als auch mit einer US-Gitarre, einer Fender Stratocaster, verheiratet ist. Marie war praktischer Weise lange seine Managerin, inzwischen schreibt sie an manchen Songtexten mit.

Doch auch der Stratocaster widmet Walter viel Zeit. Der Lockdown konnte daran nichts ändern, auch wenn sich's anders anfühlte als sonst: "Plötzlich saß ich sechzehn Monate lang auf meinem Hintern, obwohl ich immer noch jeden Tag Gitarre geübt habe." Das Üben lohnt sich, um, schnipps, gleich das nächste Album zu veredeln. In neue philosophische Gestade taucht Trout im Sommer 2022 auf der CD "Ride" ein.

Das Album "Broken" enthält 2024 politische Anspielungen, Trout arbeitet aber auch seine traumatische Jugend auf und lobt seine Ehe mit Marie. Erstmals enthält die Platte ein Duett mit Beth Hart. Es verwebt auf herzzerreißende Weise die Biographien der beiden ehemals drogenabhängigen Electric Blues Lovers.

Alben

Walter Trout - Ride: Album-Cover
  • Leserwertung: 4 Punkt
  • Redaktionswertung: 5 Punkte

2022 Ride

Kritik von Philipp Kause

Katharsis bis zum Anschlag. (0 Kommentare)

Surftipps

Noch keine Kommentare