laut.de-Kritik
Ein massives Meisterwerk des zeitgenössischen Doom.
Review von Yan TemminghoffAvatarium vollzogen bereits mit dem Vorgänger "The Fire I Long For" die Wendung von 'Life Is Leif' hin zu 'Life After Leif'. Taufpate und Candlemass-Kopf Leif Edling zog sich seit dem Debüt 2013 immer weiter aus dem aktiven Bandgeschehen heraus und ist auf "Death, Where Is Your Sting" nurmehr als Hintergrundstrahlung seiner doomigen Vergangenheit wahrzunehmen.
Das schlicht nach der schwedischen Hauptstadt benannte "Stockholm" beginnt mit einem Riff, das auch einem Besuch der Leif Edling School Of Doom entstiegen sein könnte, wandelt sich dann zu einer Folk-Weise, die tänzelnd dem Untergang entgegen taumelt. Als hätte Tom Petty neben seinen Cowboy Boots noch Spandex-Hosen angezogen und Corpsepaint aufgetragen.
Der Dark Pop oder treffender Death Pop im betörenden Titeltrack übt eine immense Faszination aus. Wie der Refrain noch über die repetierte Titelzeile weitergesponnen wird und gänzlich himmlische Gefilde erreicht, ist schlicht famos. Ähnlich der artverwandten Crippled Black Phoenix vollziehen die SchwedInnen einen Spagat zwischen Schauer und Schönheit.
Das flotte "Nocturne" erinnert an Ozzys frühe Solophase sowie an die holländische Formation Dool als Okkult-Rocker neueren Datums. Die Doomköpfe verwenden Metal zum Zweck; keine in Konventionen gegossene Litanei, sondern ein ergebnisoffenes Spiel mit Genre-Gegensätzen. "God Is Silent", ein unzähmbares Biest aus Doom, Hardrock und Metal tönt bissig und boshaft.
Die kantige Klangästhetik zieht sich wie wie ein blutroter Faden durch die gesamte Spielzeit und ist ganz eindeutig das geistige Kind von Klassikern wie "Nightfall" von Candlemass, "Awaken The Guardian" von Fates Warning oder "A Social Grace" von Psychotic Waltz. Das Zusammenspiel aus akustischen Instrumenten wie Piano, Akustik-Gitarre sowie Streichern und E-Gitarren sowie Synths ist paradigmatisch für die Platte.
Offenbar und wie als Blaupause ersichtlich wird dies im Closer "Transcendent", einem Instrumental mit einem atmosphärischen Folk-Part als Klammer und einem harschen Riff als Mittelteil, das passenderweise von einer wehklagenden Geigenmelodie konterkariert wird. Svante Henryson, Rock-affiner Cellist, soliert hingegen im Opener "A Love Like Ours" wie ein Derwisch.
Geradezu liturgisch und sakral wirken Avatarium bei "Psalm For The Living". Die herrliche Melodie tragen verhuschte Soundscapes und eine leicht knisternde Vinyl-Athmo. Jennie-Ann Smith singt durchweg fantastisch. Wie sie den Hörer in dieser erbaulichen Ballade in den Bann zieht, ist eine wahre Freude. Düster-dräuend wabert "Mother Can You Hear Me Now", weitet den Blick auf die bittersüßen menschlichen Abgründe und steht den kargen post-apokalyptischen Landschaften, die Riverside auf "Wasteland" vertont haben, in nichts nach. Marcus Jidell veredelt wie einst bei Soen in floydiger Manier das dynamische Ende.
Was Sorcerer mit "Lamenting Of The Innocent" ablieferten, gelingt nun auch Avatarium mit "Death, Where Is Your Sting": ein massives Meisterwerk des zeitgenössischen Doom.
2 Kommentare
Deswegen mag ich laut.de, schon wieder was Gutes, Neues entdeckt!
Der Gefühls-Konterpart zur Kommentarspalte.
Beim ersten Hören hat mich das Album noch nicht so abgeholt. Die Produktion ist auch etwas dünn. Gebe der Sache nächste Woche nochmal eine Chance.