Porträt

laut.de-Biographie

Bernard Allison

Wenn einer der zehn größten Blues-Stars der 2020er Sohn einer toten Legende ist, liegt der Verdacht nahe: Papas überstrahlender Name könnte Schuld sein. Sieht man Bernard Allison dann allerdings auf der Bühne, weiß man, dass er höchstselbst für seinen guten Ruf verantwortlich ist. Wie lang mag ein Mann einen Ton auf einer E-Gitarre halten? Bei Bernard sind es knisternde 19 Sekunden, wenn er sich mit seiner jungen Kollegin Ally Venable duelliert.

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Die beiden, die Opa und Enkelin sein könnten, haben dreierlei gemeinsam: Luther Allison, Blues-Übervater aus Chicago, brachte beide zur Musik. Er lockte beide mehr oder minder direkt nach Europa. Und für beide ist Gitarren-Gottheit Stevie Ray Vaughan eine weitere Initialzündung.

Bernard kommt als Sohn des populären Luther am 26. November 1965 im Nordstaat Illinois zur Welt. Dort, wo paradoxerweise meist südlich geprägter Mississippi-Delta Blues musiziert wird. "Was ich mache, ist vom Chicago Blues denkbar weit entfernt", erläutert uns Bernard. "Ich lebe auch gar nicht dort, bin schon lange nach Minneapolis gezogen. Wenn ich da einem Musiker sage, 'kannst du das bitte in Texas Shuffle-Stil spielen?', dann werde ich groß angeguckt. Jede Region hat so ihre Rhythmen und Taktmuster. Keiner kennt alles. Und ich bin zwar geboren in Chicago, aber kein Chicago-Blueser."

Zwei Stunden von Chicago liegt Peoria. Dort gibt Bernard als Teenie im Stimmbruch seine erste Show. Um in die Fußstapfen des Vaters zu treten, stehen die Zeichen bestens. Wie aber das Beispiel Ally Venable zeigt, muss man weder im Norden aufwachsen noch in der Allison-Familie oder in jener Generation, um vom Luther Allison-Fieber infiziert zu werden.

Bernard bringt sich, neben seiner Gitarren-Akrobatik, auch das Spiel an verschiedenen Tasteninstrumenten, z.B. an der Hammond B3, autodidaktisch bei. 1989 folgt er seinem Papa nach Paris: Der möchte ihn in seiner Tour-Band in Europa haben. Wohnhaft wird Bernard zwar in Frankreich. Das erste Konzert mit beiden Allisons findet aber in Berlin statt, festgehalten auf einer Live-CD. Eine große Blues-Szene herrscht in beiden Ländern nicht vor. Wer Blues buchen will, muss die Allisons verpflichten.

So spielen sie sich zwar in die Gunst des Publikums, finden aber keine Infrastruktur vor: Booking, Management, Marketing, all das, was es professionell so braucht, scheint eine Marktlücke zu sein. Immerhin nimmt ein französisches Label mit deutscher Vertriebsfirma Bernard für zwei CDs unter Vertrag. Fürs Live-Geschäft verfolgt er aufmerksam, wie sein Vater mit einem deutschen Studenten der Agrarwissenschaft handelseinig wird. Thomas Ruf heißt der Blues-Begeisterte, der gerade an der deutsch-deutschen Grenze unterwegs ist und im Zuge der Wende entdeckt, dass er im Norden Thüringens in ein Nest von Bluesrock-Fans sticht. "Eine Hochburg", erzählt uns Thomas. "Wir haben uns um die Künstler gekümmert, an die man in den USA nicht mehr geglaubt hat: Joanna Connor, dann kam Allison dazu, dann Walter Trout."

Die Allisons sorgen für die Geburt von Ruf Records, einen Sonderfall des Musikbusiness. Aus einem deutschen Dorf heraus, das jahrzehntelang im Abseits der Zonengrenze dümpelte, werden Weltstars wie Samantha Fish und Joanne Shaw Taylor aufgebaut, die danach Vertragsangebote von Universal und Sony annehmen. Jahrzehntelang zieht die kleine Firma Blueser von Übersee nach Europa und gibt dann auch bei Ally Venable den Startschuss für internationale Bekanntheit.

Während Ally nur noch die CDs ihres hoch verehrten Stevie Ray Vaughan kennen lernt und ein weiterer großer E-Guitar-Poet, Jeff Healey, stirbt, als sie acht ist, profitiert Bernard höchstpersönlich von beiden Saiten-Profis. Er arbeitet mit ihnen, lernt von ihnen. Auch Johnny Winter zählt zu seinen prägenden Begegnungen.

Noch zu Lebzeiten von Luther Allison spielt Bernard bei Ruf die CD "Funkifino" ein, deren Titel viel über seinen Stil aussagt. Nachdem sich die Zusammenarbeit mit dem deutschen Label gerade so einspielt, erkrankt Papa Luther im Sommer '97 tödlich an Lungenkrebs, und der Sohnemann erbt Unmengen guter Songs. Neben eigenen Kompositionen fließen live immer wieder Klassiker des Vaters in Bernards Programm ein. Und auch Lebensweisheiten, etwa der Slogan "'Leave your ego, play the music, love the people.' - Wir ehren diesen Spruch jeden Tag", versichert Bernard anlässlich der CD "Let It Go", auf der sich ein entsprechender Song befindet.

Neben einem legendären Hut mit zwei Schlangenköpfen macht Rastazopf-Träger Bernard jenseits von Tönen auch optisch von sich reden. Gerne tritt er in knallbunten Shirts oder schick gemusterten Hemden auf, weiß bei Shows, dass das Auge mit hört.

2013 greift Bernard der Walter Trout Band für eine Tribute-LP namens "Luther's Blues" unter die Arme, schreibt einen Song und die Liner Notes dafür, singt mit und erteilt seinen Segen fürs Projekt.

Er selbst entschließt sich, 2024 dann 20 essenzielle Songs des Vaters auf einem Album zu bündeln und releast ebenfalls unter dem LP-Titel "Luther's Blues". Zeitgleich probiert er sich als Produzent aus und feuert die Country- und Soulpop-affine Katie Henry an. So trägt er sein Know-how in die nächste Generation weiter: Sein Feeling für spannende Arrangements mit dem richtigen Schliff und dem passenden Slide Guitar-Kick im rechten Moment.

Termine

So 24.01.2027 Pratteln (Z 7)
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