laut.de-Biographie
Dream Theater
Heavy Metal steht bei vielen Unwissenden nach wie vor in dem Ruf, keine sonderlich anspruchsvolle Musik zu sein. Dass dies jedoch absoluter Blödsinn ist, beweisen die Schauspieler des Traumtheaters mit jeder Veröffentlichung aufs Neue.
Drummer Mike Portnoy, Gitarrist John Petrucci und Basser John Myung gründen die Band noch als Studenten der Berklee School Of Music. Auch Keyboarder Kevin Moore (den John P. noch aus Kindheitstagen kennt) studiert Musik, aber an einem anderen College. Zunächst versuchen sie es unter dem Namen Majesty mit ihrem Kumpel Chris Collins am Mic, doch letztendlich holen sie sich Charlie Dominici von den Pop-Rockern Frankie And The Knockouts. Allerdings ändern sie den Namen in Dream Theater, da die Rechte an Majesty schon vergeben sind.
Nach ein paar Demos ergattern sie bei MCA einen Deal und nehmen mit Produzent Terry Date (Overkill, Pantera, Unearth) ihr Debüt "When Dream And Day Unite" auf. Diese Mischung aus Progressiv-Metal und verspielten, schon fast ins jazzige abdriftenden Elementen, hat bislang noch keine Band zu spielen gewagt. Harter Tobak, fast schon zu hart für den Rest der Welt.
Zu Beginn lässt der Erfolg auch auf sich warten, weshalb Dominici die Band wieder verlässt. Allerdings passt sein Nachfolger, der aus Kanada stammende James LaBrie, wie die Faust aufs Auge. Der Zweitling "Images And Words" bringt die unerwartete Popularität. Schuld daran ist wieder einmal MTV, die das Video zu "Pull Me Under" rauf- und runterspielen.
Das Album zum Video ist ein Meisterstück in Sachen Songwriting und Spieltechnik. Jedes Instrument bekommt in den Liedern (meist mit epischer Länge) seinen Platz zum Austoben. Eine frustrierende Erfahrung für Gitarren-, Bass-, Schlagzeug- und Keyboardschüler, die drastisch ihre Grenzen aufgezeigt bekommen. Der Erfolg ist nicht nur auf die Staaten begrenzt, auch in Europa geht die Band steil und spielt dort auch mit Damn The Machine im Vorprogramm. Mit der '94er-Platte "Awake" gehen Dream Theater ihren Weg konsequent weiter und vergrößern ihre Fanschar erheblich.
Allerdings kündigt Kevin schon während der Aufnahmen seinen Ausstieg an, was einem Schock für Band und Fans gleichkommt. Zunächst springt Jordan Rudess ein, doch letztendlich übernimmt Derek Sherinian, der ehemalige Live-Keyboarder von Alice Cooper und KISS den Job. Kevin startet derweil eine Solo-Karriere unter dem Namen Chroma Key.
Nach der Mini-LP "A Change Of Season" folgt mit "Falling Into Infinity" ein für Dream Theater eher ruhiges Album. Immer noch technisch auf der Höhe ist ihr Konzept jetzt jedoch einigermaßen ausgereizt und der Ami-Fünfer muss sich weiter entwickeln, um nicht aus dem Blickfeld zu verschwinden. Die Band selbst ist mit dem Album nicht sonderlich glücklich, da einfach zu viele Leute in die Songs und die Produktion hineingeredet haben. Vor allem das Label war natürlich auf große Hits aus, weswegen sich keines, der sonst üblichen Epen auf der Scheibe befindet.
Mit "Scenes From A Memory" legen sie ein Konzeptalbum vor, das den Faden von "Metropolis Pt.1" wieder aufnimmt. Die Story dreht sich um einen gewissen Nicholas, der von verwirrenden Träumen über ein anderes Leben heimgesucht wird. Es stellt sich heraus, dass er die Reinkarnation eines Mädchens Namens Victoria ist, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelebt hat und nach einiger Verwirrung ermordet wurde. Inzwischen ist Derek ausgestiegen, um sich ebenfalls auf eine Solo-Karriere zu konzentrieren. Sein Platz übernimmt Jordan Rudess.
Anfang 2002 legen sie mit "Six Degrees Of Inner Turbulence" nach und stellen dabei musikalisch wieder mal so ziemlich alles in den Schatten. Vor allem Drummer Mike Portnoy ist dafür bekannt, dass er sich in unzähligen anderen Projekten (Transatlantic, O.S.I., u.v.m.) austobt, jedoch findet er noch genügend Zeit, um nicht nur an einem neuen Album zu arbeiten, sondern auch mit Queensryche und Fates Warning auf Tour zu gehen. Dann ist erst mal James mit einigen Solo-Sachen dran.
Mit dem Anfang November erscheinenden "Train Of Thought" legen die New Yorker ein Album vor, dass so heavy und basslastig wie kein anderes der Band klingt, ohne dabei Zweifel an den technischen Fähigkeiten aufkommen zu lassen. Die 2004 erscheinende DVD-Auflage, der alten VHS-Tapes "Live In Tokyo/5 Years In A LIVEtime", ist zwar etwas überflüssig, aber für Neueinsteiger recht lohnenswert. Doch damit nicht genug, erscheint "Live At Budokan" als Doppel-DVD und Triple-CD.
Doch auch beim Komponieren sind die fünf nicht untätig. In aller Ruhe haben sie ihr achtes Studioalbum "Octavarium" aufgenommen, das erneut das Prädikat genial verdient, und das Anfang Juni auf die Menschheit losgelassen wird. Im Juli sind sie gemeinsam mit Megadeth Co-Headliner der Gigantour, an der auch Fear Factory, Symphony X, Nevermore und einige andere teilnehmen. Anschließend vervollständigen sie ihre Welttour und beenden diese am 1. April in der Radio City Music Hall in New York.
Diesen Auftritt schneiden sie in Ton und Bild mit und veröffentlichen das Ganze unter dem Titel "Score" Ende August 2006 (wahlweise als Doppel-DVD oder 3 CD-Box). Vor allem Mike ist in der Folgezeit wieder bei unzähligen anderen Bands und Projekten aktiv, jedoch reicht die Zeit anscheinend locker aus, um nebenher neue Songs zu schreiben.
Allerdings sind Dream Theater inzwischen beim Major Atlantic Records raus und unterzeichnet im Frühjahr 2007 bei Roadrunner Records. John Petrucci kurvt derweil immer wieder im Rahmen der G3-Touren mit Joe Satriani, Steve Vai, Paul Gilbert oder Eric Johnson durch die Gegend, und Mike veröffentlicht ein Lehrvideo.
Als "Systematic Chaos" Anfang Juni erscheint, ist Jordan gerade von einer Tour als Livekeyboarder für Blackfield zurück. Ansonsten lassen sie es 2007 eher ruhig angehen und Ende März 2008 erscheint zunächst mal ein erstes Best Of-Abum mit dem Titel "Greatest Hit (... And 21 Other Pretty Cool Songs)". Darauf wurden vier Songs einem Facelifting in Form eines Remixes unterzogen, ein paar andere hat man ein wenig gekürzt und eine B-Seite einer nur in Enland erschienen Single gibt es ebenfalls.
Grund genug wieder auf Tour zu gehen, und so stehen sie Ende April im Rahmen der Progressive Nation-Tour mit Opeth, Three und Between The Buried And Me auf der Bühne. Die Scheibe "Black Clouds And Silver Linings" landet 2009 dann auf Rang drei der deutschen Charts.
Anfang September 2010 der Paukenschlag: Drummer Portnoy verlässt seine Truppe nach einem Vierteljahrhundert - gewisse Ermüdungsgefühle sowie die Lust auf andere, neue Projekte führt er u.a. als Begründung an.
Nach einer kurzen Schockstarre testet das zurückgebliebene Quartett in New York intensiv mehrere Topdrummer (zu sehen in einer mehrteiligen Doku via Roadrunner), darunter auch den Deutschen Marco Minnemann oder den Österreicher Thomas Lang. Am Ende macht nicht unerwartet Mike Magnini das Rennen, er wird seit 29. April 2011 als neues Bandmitglied gelistet.
Der in der Drumszene angesehene Amerikaner und Sessionmusiker trommelte bereits für Annihilator, Steve Vai, Extreme und eben auch schon für Frontmann LaBrie. Besagte Doku erscheint im Zuge der Veröffentlichung des Albums "A Dramatic Turn Of Events" auf DVD im Sommer 2011. Gerade die ersten Jahre nach Portnoys Ausstieg übt sich die Band in Standortbestimmungen.
Davon zeugt auch die zwölfte Platte, die das Quintett schlicht selbstbetitelt. Hier schlagen Dream Theater einen Bogen zu den Neunziger-Großtaten. Die ersten beiden Releases unter der Ägide von Mangini verblassen hinsichtlich des Spektakels, das die Band im Januar 2016 auf die Menschheit loslässt. "The Astonishing" konzipiert der hauptverantwortliche Texter und Songwriter John Petrucci als Doppel-Konzept-Album (!), mit durchgängiger Begleitung eines Orchesters (!!) und viel Schmalz und Pomp im Stile eines Musicals wie "Jesus Christ Superstar" (!!!). Das Album polarisiert, die Tränen der Fans fließen, ob aus Zorn oder vor Rührung.
Dagegen zieht sich die Band im Sommer 2018 aufs Land zurück: Petrucci, LaBrie und Co. schreiben in trauter Einheit und Windeseile ein neues Album. "Distance Over Time" besticht insbesondere durch Kompaktheit und Spielfreude und besänftigt viele getreue Anhänger. Dem folgt mit
"Distant Memories-Live in London" ein umfassendes Live-Dokument, das unter anderem die komplette Aufführung von "Scenes From A Memory" beinhaltet. Während der Corona-Pandemie sind die Herrschaften aber auch nicht untätig und zimmern mit "A View From The Top Of The World" ein über 70-minütiges Spektakel zusammen, das Fans der Band voll bedient.
Bestimmend für die Musik und Texte der New Yorker ist das Verhältnis von Mensch und Technik, wie James LaBrie ausführt: "Es geht darum, nicht unser menschliches Empfinden zu verlieren und sich nicht in der technologischen Realität zu verlieren, in der wir nunmehr leben. Die allgegenwärtige Digitalisierung nimmt immer mehr Einfluss auf uns je weiter die Zeit voran schreitet".
Im Oktober 2023 dann die große Überraschung: Magnini muss nach 13 Jahren wieder gehen, Dream Theater wollen sich mit ihrem Originaldrummer Mike Portnoy wiedervereinigen. Zeitgleich kündigt das Quintett das 16. Studioalbum an.
1 Kommentar
Mike MaNGini heißt der, Mensch- gleich 2x falsch geschrieben, also kein Zufall. Ansonsten, netter Artikel